30.06.2011

Chiclayo-Huanchaco

“Und, wie ist das Essen in Peru?” Die Peruaner wollen nicht wissen, wie einem das Land gefällt, sondern wie leckerdas Essen ist. Vielleicht wissen sie selber, dass Peru schön ist?

Am frühen Sonntag Morgen stand eine zierliche Dame neben uns und fragte mal wieder wie wir Peru’s Küche finden. Die Peruaner sind unheimlich stolz auf ihr Essen und das auch zu Recht. Es ist wirklich sehr lecker! Für uns als Vielfrasse ist das schon ein ziemliches Paradies hier. Die Dame stellte sich dann als Jesus vom Himmel vor. Ach so ist das… er war eben doch eine Frau mit kurzen Haaren…!

Mit neu gekauften Schläuchen und jede Menge Flicken im Gepäck (jetzt können die Platten wieder kommen) fuhren wir los Richtung Pacasmayo. Links und rechts gab es nur noch Sand und wir standen gerade am Strassenrand und bestaunten eine Fata-Morgana am Horizont, da hielt ein Polizeiauto neben uns. “Alles klar bei euch? Braucht ihr etwas? Wir fahren hier hin und her und schauen etwas auf euch!” Wow, nett! Milena war total überzeugt, dass sie am Horizont das Meer sehen kann, doch es war nicht möglich. Das ist wirklich eine unheimliche Täuschung des Auges!

IMG_3029 Fata-Morgana

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Betreten verboten; Lebensgefahr…

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…immer schön geradeaus…

Nach gut 110km fuhren wir bei sattem Gegenwind im netten Dorf Pacasmayo ein und kamen somit am Pazifischen Ozean an. Dort übernachteten wir und am nächsten Morgen fuhren wir bei noch stärkerem Gegenwind weiter Richtung Huanchaco. Nach 50km kam endlich wieder ein kleiner Laden, wo wir auch gleich einen Stopp einlegten und etwas zu Essen kauften. Die nette Frau (Marie) rief bei unserem Anblick gleich die Polizei. “Ich habe hier zwei Touristen die mit Fahrrädern unterwegs sind! Kommen sie vorbei!” Verdutzt schauten wir uns an. Dass jemand bei unserem Anblick gleich die Polizei ruft, haben wir nun doch noch nicht erlebt…

Nach dem Essen wollten wir unbeirrt weiter fahren, doch die Frau liess uns nicht gehen. Momentan sei die Strecke eine der gefährlichsten Peru’s und wir sollten doch auf die Polizei warten. Sie begleite uns dann einige Kilometer. In diesem Moment fuhr ein Mann mit einem schwarzen Pick-Up vor und die Frau fragte ihn, ob er uns nicht mitnehmen würde. Da wurden wir schon ziemlich misstrauisch. Ob er uns dann überfallen will? Tatsächlich kam dann aber auch die Polizei und fragte den Mann, ob er uns mitnehme. “Ja, ich bringe die Beiden nach Huanchaco. Ich muss sowieso nach Trujillo.” Na dann, wenn die Polizei weiss, dass wir mit dem Mann nach Huanchaco fahren, können wir wohl unbeirrt einsteigen. Die Einheimischen sagen einem noch schnell einmal, dass ein Ort gefährlich ist. Wir wurden auch vor Chiclayo gewarnt, da es dort viele “Ladrones” (Diebe) gibt. Tatsächlich beobachteten wir dort zwei mal, wie eine ganze Horde einem Dieb hinterher rannte. War ziemlich amüsant… Aber das gibt es alles auch in Zürich und solange keine Waffen im Spiel sind, interpretieren wir das noch lange nicht als gefährlich. Wenn aber jemand so Angst um uns hat dass er die Polizei ruft, nehmen wir das schon ernst. Marie war froh dass wir mit dem Mann mitfuhren und wir bedankten uns ganz herzlich bei ihr. So fuhren wir los, die Räder inkl. Gepäck im Anhänger und begleitet von der peruanischen Polizei in Richtung Huanchaco. Wahnsinn wie hilfsbereit diese Menschen hier sind!

Der Mann hiess Rudolfo und seine Frau Maribel. Die Beiden waren sehr nett und wir unterhielten uns die ganze Fahrt über. Maribel wollte noch etwas Deutsch lernen. Nach einer Stunde erreichten wir Huanchaco und sie luden uns direkt am Strand aus. Geld wollten sie keines, aber unsere E-Mail Adressen. Wir werden die Beiden dann als Dankeschön in Trujillo mit einer Torte überraschen.

Huanchaco zeigte sich auf Anhieb sehr sympatisch. Super nette Leute umzingelten uns, stellten Fragen und hiessen uns herzlich Willkommen in Peru. Huanchaco ist ein Surferparadies und wir beobachteten schon ein paar Touristen, die versuchten eine Welle zu erwischen. Scheint nicht so einfach zu sein. Bekannt ist der Ort aber wegen der “Binsenpferdchen”. Das sind eine Art Surfbretter aus Totora-Schilf, welche die Fischer zum Fische fangen benötigen. Diese Schilfsurfbretter sehen toll aus. Die Fischer sitzen darauf wie auf Pferden und paddeln ins Meer hinaus. Wir bepackten in Ruhe unsere Räder und gingen erst etwas essen. Danach riefen wir Elisabeth und Rolando an. Die Beiden leben seit zwei Wochen hier und sind die Eltern eines Freundes von Oli. Bis vor kurzem lebten sie noch in Guadalupe, wo wir am Tag zuvor vorbeifuhren. Oli besuchte sie im Jahr 2007 schon einmal. Nun sind sie hierhin umgezogen, rund 400m vom Meer entfernt. Was für ein toller Ort zum leben!

Rolando kam uns dann mit seinem Fahrrad am Hafen abholen und wir wurden sehr herzlich empfangen. Momentan ist hier eine kleine Baustelle und diverse Techniker und Bauarbeiter gehen ein und aus, aber es ist trotzdem einer der gemütlichsten und angenehmsten Orten seit unserer Reise. Kurz gesagt, wir fühlen uns hier sehr wohl und geniessen mal wieder das häusliche Zusammenleben. Am Abend gingen wir alle zusammen ein ziemlich leckeres Raclette essen.

Milena hatte ihren Süssigkeitenkonsum nicht mehr ganz unter Kontrolle und nach drei Kugeln Glace (sie hatte schon am Nachmittag zwei Kugeln), Popcorn, Schokotörtchen und Zuckerwatte hatte sie wohl einen kleinen Zuckerschock. Aber egal…! Wie lange hatten wir schon keine so leckeren Sachen mehr…?!

Momentan ist in Huanchaco das Fest “San Pedro”, wo die Statue aus der Kirche runter zum Strand getragen wird und auf einem Schilfboot ins Meer hinaus fährt. Gestern Abend gingen wir das Feuerwerk anschauen, welches allerdings zwei Stunden Verspätung hatte. Heute als wir das Boot mit San Pedro sehen wollten, waren sie natürlich zu früh und wir sahen lediglich wie sie die Statue wieder zur Kirche hoch trugen. Tja, das peruanische Timing haben wir halt noch nicht so im Griff…

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Und weil es so schön ist, hier noch ein paar Fotos von Huanchaco:

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IMG_3139 IMG_3134 Leckere “Monsterbohnen”

Nach dem hübschesten Lama Südamerikas fanden wir nun auch den wohl hübschesten Hund Südamerikas…

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25.06.2011

Chulucanas-Chiclayo

 

Wir haben seit wir in Peru sind einen neuen Begleiter. Ein hübscher steiffer Gegenwind von 30-50km/h…

Unser neuer Erzfeind begleitet uns seit satten 300km und wir wurden ihn keine Sekunde los. Selbst wenn die Strasse eine 90° Wende macht, dann dreht auch er sich komischerweise um 90°. Wenn ein Berg vor uns steht, dann windet es um den Berg herum und er bläst uns wieder ins Gesicht. Unsere Fluchwörter ersticken im Wind und wir bekommen noch eine Portion Sand in den Mund. Wirklich ein sehr unangenehmer Zeitgenosse… Netterweise würden wir ohne ihn auf der schnurgeraden Strasse locker mit 30km/h fahren. Dank ihm bringen wir aber teilweise nur 10km/h hin und dürfen sogar noch bergab trampeln. Herzlichen Dank!

Die peruanische Wüste ist noch gar nicht so sandig wie wir es erwartet haben. Momentan hat es noch rege Vegetation und zu unserem Erstaunen auch wunderschöne bunte Vögel. Rote, Gelbe, Blaue und sogar Schwärme von grünen Papageien sorgten für eine kleine Abwechslung. Die schnurgerade Strasse war wenig befahren und wir hatten sie meistens für uns alleine. So konnten wir auch zur Abwechslung etwas Slalom fahren. Ab und zu kamen kleine Dörfer mit Lehmhäusern die man kaum als solche erkennt weil sie dieselbe Farbe haben wir der Sand. Kleine Kinder (und auch Erwachsene) schreien aus allen Winkeln “Gringo” oder “Hey Mister”. Daran müssen wir uns noch gewöhnen, denn vor allem das Wort Gringo können wir überhaupt nicht ausstehen. Aber diese Kinder wissen das natürlich nicht und werden auch nicht so erzogen wie wir. Von daher müssen wir darüber lachen können. Kaugummis verschenkten wir ihnen natürlich trotzdem…

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In Chulucanas fuhren wir sehr früh los und wurden von Anfang an von gierigen Geiern verfolgt. Die hatten Pech, denn wir hatten unsere Wasserflaschen schön aufgefüllt… Nach genau 61km fanden wir am Strassenrand endlich ein kleiner Laden. Diesen stürmten wir regelrecht und am liebsten hätten wir gleich alle Früchte gekauft. Die nette Frau hatte richtig Freude an uns und sie erzählte uns von ihrer Tochter. Wir tranken je mehr als einen halben Liter Inka Kola. Das Getränk ist göttlich! Nach fast 8h (danke Gegenwind!) reiner Fahrzeit und 129km erreichten wir das nicht so angenehme Städtchen Olmos. Immerhin fanden wir dort das bis jetzt günstigste Hotel unserer Reise (CHF 1,30), doch viel mehr war es auch gar nicht wert. Aber das wichtigste, eine kalte Dusche, war vorhanden. Dafür wurden wir beim Abendessen über den Tisch gezogen. Hier müssen wir uns wohl oder übel angewöhnen, immer erst nach dem Preis zu fragen. Das taten wir weder in Ecuador, noch in Kolumbien und zahlten auch nie zu viel.

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Auf der Strecke von Olmos nach Lambayeque legten wir dann nochmals 101km zurück. Die letzten 15km konnten wir dank dem Gegenwind nur noch mit 8km/h fahren. Die Plattenserie ist nun auf Oli’s Fahrrad übergeschwappt und in den letzten drei Tagen hatte er satte 4 Platten. Komischerweise immer dann wenn wir anhalten um zu trinken oder Kekse zu essen. Wenn wir weiterfahren wollen, hat er dann einfach einen Platten. Kein “Pfffft”, nichts! Mittlerweile haben wir auch die Übeltäter gefunden. Klitzekleine Dörnchen bohrten sich durch die so “guten” Schwalbe Reifen…

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In Lambayeque fanden wir ein super nettes Hostal und die Besitzer, ein Ehepaar, waren sowas von lieb. “Ihr seit jetzt unsere Kinder”…! Echt süss… Wir bekamen viel Rabatt und auch noch ein Zimmer im Parterre, damit wir nicht unser ganzes Gepäck die Treppe hochschleppen mussten. Er empfiehl uns ein Restaurant und dort bekamen wir ein leckeres Wiener-Schnitzel. Unterwegs scherzte Milena noch, wie Lust sie auf ein Schnitzel hat und dann bekommen wir tatsächlich eines…!

Wir schliefen lange und morgens besuchten wir noch das berühmte Bruening-Museum, bevor wir uns auf den Weg nach Chiclayo machten. Unsere kürzeste Etappe, denn Chiclayo ist nur 11km von Lambayeque entfernt und so ein Chaos wir wir es in dieser Stadt vorfanden, haben wir noch nie erlebt. Nicht mal in den Millionenstätten wie Panama City, Bogota oder Quito herrschte solch ein Durcheinander. Zu unserer eigenen Sicherheit stiegen wir ab und gingen zu Fuss weiter. Die Peruaner sind definitiv Weltmeister im Hupen. In Kolumbien und Ecuador hatte das Hupen wenigstens noch einen Sinn. Es gibt nämlich drei Arten von hupen: 1. Hallo, 2. Achtung ich komme und 3. Hau ab ich komme! Die Drei tönen auch unterschiedlich. Aber hier wird einfach ununterbrochen sturmgehupt und man weiss überhaupt nicht was jetzt passiert. Die Mototaxis haben die blöde Eigenschaft, dass sie uns rechts des Radstreifens überholen und uns jeweils eine saftige Portion Sand ins Gesicht schleudern. Aber Chiclayo ist eine super sympathische Stadt und hier ist mächtig was los. Zudem ist es ein echtes Essparadies und wir futtern uns kräftig voll. In Chiclayo bleiben wir nun noch einen Tag, denn hier gibt es auch gute Fahrradgeschäfte. Oli hatte bei der Suche nach einem billigen Hostal nämlich einen weiteren Platten. Zudem gibt es hier mal wieder eine Wäscherei!

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IMG_2219  Bruening-Museum

 

Die Suche nach einem günstigen Hostal gestaltete sich gar nicht so einfach. Das erste aus dem Reiseführer wollte satte CHF 15.- pro Person. Wir suchten dann ohne Reiseführer weiter und fanden doch noch eins für CHF 4.-. So haben wir mehr übrig für Essen…!

IMG_2204  Überflüssiges Schild… 

21.06.2011

Las Lomas-Chulucanas

Das Gebäude mit dem angeblichen Bankomaten stellte sich als Eisenwarenhandelsgeschäft heraus, wo man lediglich mit Visa bezahlen kann. Somit gab es wieder kein Geld für uns. Oli konnte aber noch ein paar Dollars wechseln. Der zweite 20er Dollarschein wurde aber nicht angenommen, da jemand (wie so oft) etwas darauf geschrieben hatte. So fuhren wir halt mit den paar Soles ins 45km entfernte Tambogrande und staunten nicht schlecht, als wir schon um 11.00 dort ankamen. In Ecuador waren die 45km Etappen jeweils kaum in einem ganzen Tag zu schaffen…

Nebst den Kühen, Pferden, Schafe und Esel haben wir hier in Peru neuerdings noch andere Verkehrsteilnehmer auf den Strassen. Sie sind laut, flitzen wie blöd herum und hupen und dröhnen laut. Sie bestehen aus einem Motorrad und drei Rädern und nennen sich “Mototaxi”. So nervig sie auch sind, so faszinieren sie uns ziemlich. Diese Gefährte sind ziemlich lustig. Sie sind meistens nicht viel schneller als wir und sie machten uns gerade in Tambogrande fast wahnsinnig. Tausende Mototaxis flitzten rechts und links an uns vorbei und jeder musste hupen. Wir wurden richtig nervös um diese kleinen Brummer. Aber wir gewöhnten uns auch ziemlich schnell an die.

IMG_2948 Gegenverkehr…

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In Tambogrande fuhren wir zur ersten Bank. Der einzige Bankomat der Stadt war natürlich kaputt und Milena stand geduldig zu hinters in der aus gut 50 Menschen bestehenden Schlange an. Alle Leute verwiesen sie aber nach vorne. “Du bist Touristin, du musst da sicher nicht anstehen”. Etwas ratlos machte uns diese Aussage dann schon. Wo liegt der Unterschied? Der Securitas liess sie dann tatsächlich herein und drinnen wurde sie wieder zum Bankomaten draussen verwiesen. Der Techniker kam sofort und flickte den Automaten. Rund 10 Personen redeten wie wild durcheinander und Milena versuchte zwischen der Meute Geld zu beziehen. Nicht gerade eine vertrauenswürdige Situation… Die Peruaner aber sind extrem hilfsbereit und es wurde so lange am Bankomaten herum geschraubt, bis der das Geld ausspuckte. Endlich hatten wir unsere Soles!

In Tambogrande aber wollten wir nicht bleiben. Die Stadt war uns definitiv zu nervös und wir machten uns auf den Weg ins rund 43km entfernte Chulucanas. Erst auf Schotter, dann auf Schlaglochasphalt fuhren wir durch spärliche Vegetation vorbei an kleinen Dörfern. Die Peruaner riefen von allen Seiten freudig “Holaaa” und winkten uns zu. Wir fuhren fast die ganze Strecke einhändig, weil wir immer winken mussten. Als wir an einem Friedhof vorbei kamen, ertönte auch dort das freudige “Holaaa”… Verdutzt schauten wir uns an und gaben Gas. Du meine Güte, sogar die Toten hier sind freundlich…!

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Es wurde immer heisser und als wir gegen 16.00 in Chulucanas ankamen war die Hitze kaum noch erträglich. Mit dem Fahrtwind geht es ja noch, aber sobald man anhält merkt man erst wie warm es eigentlich ist. Zudem müssen wir uns erst wieder an das warme Klima gewöhnen, denn die letzten zwei Monate waren meistens recht kalt. Die Hostales hier sind bei weitem günstiger als die in Ecuador und wir nisteten uns im Erstbesten ein. Am nächsten Tag legten wir eine Pause ein und rüsteten unsere Velos für die Wüste. Milena’s grösster Gang funktioniert seit wir in Ecuador eine neue Kette eingelegt hatten nicht mehr richtig. In Ecuador brauchte sie den ja auch gar nicht, aber nun wo es flach ist wäre dieser schon von Vorteil. Leider nützte alles nichts und sie muss wohl oder übel mit dem Zweitgrössten auskommen…

19.06.2011

Vilcabamba (Ecuador)-Las Lomas (Peru)

 

Es dauerte immerhin ein halbes Jahr, bis es auch uns passiert ist: Wir schafften unser Etappenziel nicht vor Einbruch der Dunkelheit. Aber der Reihe nach:

Von Loja aus fuhren wir los in Richtung Catamayo. 20km rauf und 20km runter, wie es sich gehört. Catamayo ist ein ziemlich hübscher und freundlicher Ort auf nur noch 1200m Höhe. Da war es ja naheliegend, dass wir uns am nächsten Morgen mächtig den Berg hoch kämpfen mussten. Ecuador bescherte uns erneut eine ziemlich harte Etappe…

IMG_2866  Catamayo

Frühmorgens fuhren wir los und trafen am Fusse des Berges noch ein holländisches Paar, welches mit dem Motorrad unterwegs ist. Die Beiden fahren im Anschluss noch mit Fahrrädern durch Neuseeland und sind ganze drei Jahre unterwegs. Während die Beiden einfach Gas gaben und losflitzten, kämpften wir uns mit 6km/h Meter um Meter den unaufhörlichen Berg hinauf. Zudem herrschte auch noch Einbahnverkehr und die Autos und Lastwagen fuhren schubweise an uns vorbei und panierten uns kräftig. Die Hälfte der Strasse wurde gerade geteert, die andere war noch Schotterpiste. Wir durften auf der neuen Strasse fahren, allerdings wurde die auch schon wieder ausgebessert und wir mussten andauernd absteigen, Velos vom Bordstein hieven und wieder hoch. Manchmal konnten wir aber auch schieben.

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In San Pedro hätte es eine Hospedaje gehabt, doch da waren wir noch nicht müde und es war auch erst 11.00. Das nächste Dorf hiess Velacruz und da es auf der Karte eingezeichnet war gingen wir auch davon aus, dass es relativ gross ist. So fuhren wir weiter bergauf und die Strasse schlängelte sich rund um den Berg und hörte einfach nicht auf zu steigen. Um jede Kurve dachte man es sei geschafft, aber die Strasse windet sich doch noch weiter hinauf. Den nächsten Hügel sieht man immer erst wenn man oben ankommt… Wir waren bei weitem höher als alle anderen Berge und waren schon fast auf dem Pass, den wir am Tag davor von Catamayo aus sahen und hofften dass wir da nicht hoch müssen…

Auf 2100müM fanden wir dann dieses Getier und staunten nicht schlecht. Was in aller Welt macht diese Tarantel hier oben???

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Als wir endlich die Passhöhe (2400m) erreichten, gaben wir etwas Gas. Der Berg war schon ganz eingenebelt und die Sicht ziemlich schlecht. Es war schon halb sechs als wir kurz vor Velacruz waren und um sechs wird es dunkel. Dann endlich das Ortsschild von Velacruz. Dummerweise aber bestand das Dorf lediglich aus einer Kreuzung und einem Mann der am Strassenrand stand. Wir fragten ihn, ob man hier irgendwo übernachten kann und er meinte erst in Catacocha. Das aber war noch mehr als 20km entfernt. Zelten konnte man auch nirgends, da wir ja auf einem Berg waren und in Ecuador heisst das links steil bergauf und recht steil bergab. Keine Chance hier ein Zelt aufzubauen. Der nette Mann meinte aber, dass es bis nach Catacocha nur bergab geht. Natürlich glaubten wir das nicht, aber wir fuhren dann trotzdem weiter. Wir hatten auch gar keine andere Möglichkeit. Und es ging bergauf…

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Natürlich wurde genau als es dunkel wurde auch noch die Strasse schlecht und wir mussten den grossen Schlaglöcher, Sandverwehungen und auch noch den kläffenden Hunden ausweichen. Das alles mit einer Taschenlampe in der einen Hand ist gar nicht mal so einfach… Als es dann stockdunkel wurde und wir noch gut 6km von Catacocha entfernt waren, gingen wir zu Fuss weiter und bei jedem rasenden Bus- bzw. Lastwagenfahrer fuchtelten wir wie wild mit unseren Taschenlampen damit man uns auch ja sehen konnte. Irgendwann aber merkten wir, dass wir zu Fuss nicht so schnell sind und wir fuhren wieder ein Stück. Zumindest solange, bis Milena eine Sandbank übersah und mal wieder neben dem Rad lag… Wir versuchten auch einen Pick-up anzuhalten, doch die beiden dunklen Gestalten mit ihren eigenartigen Gefährten wollte niemand mitnehmen. Irgendwie verständlich… So gingen wir weiter zu Fuss. Eigentlich war es auch ganz romantisch und wir mussten selber über die dumme Situation lachen…

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In Catacocha dann staunte die Hostalbesitzerin nicht schlecht ab uns. Wir wurden richtig verwöhnt und bekamen als erstes eine Flasche Wasser und eine heisse Dusche. Unsere Räder konnten wir beim Nachbarn in die Garage stellen. Am nächsten Morgen blieben wir auch gleich im Bett. Nicht zuletzt auch weil Catacocha wieder ein so nettes und gemütliches Dorf ist.

Die Strecken nach Macarà, zur Grenze nach Peru ist in unserem Reiseführer als eine Tagesetappe aufgeführt und satte 97km lang. Da muss es ja wohl hauptsächlich bergab gehen. Macarà liegt ja auch auf 450m und wir befanden uns noch auf 1800. Unsere topografische Karte allerdings zeigte drei Berge und der dritte muss über 1000m sein. Somit fuhren wir sehr früh los. 25km durften wir runterflitzen, bevor es dann wieder bergauf ging. Allerdings hielt sich die Steigung noch in Grenzen und wir durften mal wieder T’Shirt und kurze Hosen tragen. Es wurde richtig heiss. Die Landschaft war sehr speziell mit bizarren Bäumen und Sträuchern. Wieder war ein Dorf auf der Karte eingezeichnet welches mordswichtig tönt, allerdings nur aus einer Militärstation und einem kleinen Laden bestand. Wieder war es erst Mittag und wir wollten noch etwas weiter fahren. Es sollte nochmals ein Dorf kommen, welches aber offenbar so klein war, dass wir unbemerkt daran vorbei fuhren. Vor uns lag Berg nummer drei und uns traf fast der Schlag… Wieder windete sich die Strasse rund um den höchsten Berg der Gegend hoch und wieder gab es keine einzige Möglichkeit zum zelten. Und wieder war es fast halb vier und Macarà lag noch satte 35km entfernt. Keine Chance, diese Etappe war einfach unmöglich. Lustig nur, dass die Autoren von unserem Reiseführer behaupten, dass sie von Loja nach Macarà in zwei Tagen fuhren. Dies ist schlicht unmöglich, zumal auf dieser Strecke über 8600 Höhenmeter zu überwinden sind. Dieselben Autoren aber berichten auch von den vollbeladenen LKW’s, bei denen sie jeweils anhängten und sich den Berg hoch ziehen liessen. Das allerdings trauen wir uns in Angesicht dessen Fahrweise nicht…! Eigentlich wollten wir diesen Reiseführer schon lange wegwerfen, aber er scheint gut zu brennen. Vielleicht kommen wir ja mal in eine Situation, wo wir froh sind das Ding als “Brandbeschleuniger” zu verwenden…

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So kämpften wir uns weiter den Berg hoch und waren schon kurz davor einfach neben der Strasse unser Zelt aufzubauen, da kam Pablo! Unsere Rettung! Milena winkte kurz und schon hielt er an. Unsere Räder wurden im nu auf den Pick-up geladen und wir flitzten nach Macarà. Eine Stunde brauchten wir mit dem Auto und Pablo fuhr nicht gerade langsam. Mit dem Rad hätten wir die Grenzstadt wohl so gegen Mitternacht erreicht…

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Catacocha-Macarà. Lustige Strassen und Bäume…

Macarà liegt 2km vor der peruanischen Grenze und wird von allen Reiseführern verteufelt. Uns aber gefiel die Stadt ziemlich gut. Die laute Musik und die gutgelaunten Leute stellten uns richtig auf.

Am nächsten Morgen dann hiess es Abschied nehmen von Ecuador. Auch wenn es anstrengend war, war es doch landschaftlich definitiv das schönste Land bis jetzt. Die quälenden Berge waren fantastisch und wenn man mal endlich oben war hatte man immer eine bombastische Aussicht. Die Leute waren genauso freundlich wie in Kolumbien, wenn auch etwas zurückhaltender als die manchmal fast ausrastenden Kolumbianer. Wir werden Ecuador vermissen. Das nächste Mal kommen wir aber ganz bestimmt motorisiert…!

Die Grenzabfertigung ging in rekordverdächtigen 20min vonstatten, wovon wir aber 10min lang auf den Zöllner warteten. “Ihr müsst laut klopfen!” Rief ein Grenzwächter. Der Zöllner schlief wohl noch denn er wirkte leicht genervt. Gut für uns, denn er stellte keine einzige Frage und stempelte gelangweilt unsere Pässe ab. Ist ja auch Sonntag…! Nach der Grenze ging es fast 60km hügelig weiter und wir fuhren an Suyo vorbei. Eigentlich wäre dies unser Etappenziel gewesen, doch das radeln machte so Spass, dass wir nur für eine Coca-Cola stoppten. Endlich konnten wir mal wieder flitzen. Die paar kleinen Berge fuhren wir in einem Affentempo hoch und genossen es einfach mal wieder halbwegs geradeaus zu fahren. In Las Lomas werden wir nun übernachten. Leider haben wir noch keine Soles und der einzige Bankomat der Stadt ist in einer geschlossenen Bank. Wir klopften zwar und ein Mann schaute aus dem Fenster, aber alles betteln nützte nichts. Erst Morgen früh gibt es wieder Geld. In einem Restaurant konnten wir dann aber mit Dollares bezahlen, assen zum ersten Mal peruanisch und waren total begeistert. Lecker das Essen hier!

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Rauf……und runter…

13.06.2011

Cuenca-Vilcabamba

 

Wir verabschiedeten uns in Cuenca (mal wieder) von Uwe und fuhren los zum Busterminal. Der Abschied von Cuenca fiel uns nicht sehr leicht. Die wunderschöne Stadt haben wir beide ziemlich ins Herz geschlossen.

Die fünfstündige Busfahrt nach Loja wurde uns von mehreren Einheimischen wärmstens empfohlen. Wenn die Ecuadorianer sagen “boah, die Strecke ist extrem bergig”, dann nehmen wir das ernst. Tatsächlich war die Strasse so steil, dass sogar der Bus nur sehr quälend da hoch kam. Unterwegs sahen wir zwei ziemlich abgekämpfte Radler am Strassenrand stehen.

Loja war dann eine ziemlich hektische Stadt, die wir am nächsten Morgen sehr gerne wieder verliessen. Wir machten uns auf den Weg nach Vilcabamba, das Dorf der Hundertjährigen…

Erst kämpften wir uns aber im Schritttempo einen Berg hoch, der in seiner Steigung kaum mehr zu toppen ist. Sowas krasses haben wir echt noch nie erlebt. Aber zum Glück ging es dann auch sehr rasant wieder runter. Natürlich fuhren wir danach wieder 400 Höhenmeter bergauf, wieder runter und zum Schluss auch wieder bergauf. An die Hunde haben wir uns mittlerweile schon so gewöhnt, dass wir sie gerne noch zusätzlich etwas ärgern und dabei fotografieren…

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Vilcabamba ist ein sehr hübscher Ort. Vielleicht sogar der netteste in ganz Ecuador. Von den rund 2000 Einwohnern Vilcabamba’s sind rund 12 Personen älter als 100-jährig. Studien über das spezielle Dorf zeigen, dass das angenehme Klima und das überaus mineralhaltige Wasser die Leute zu ihrem biblischen Alter verhilft. Wie auch immer, von dem Wasser haben wir reichlich gesoffen…

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Wie fast jeder Traveller hausten auch wir im legendären Hostal mit dem komplizierten Namen “Izhcayluma”. Das ist wohl das beste Billighostal in ganz Ecuador. Für 10$ pro Nacht inkl. Frühstücksbuffet, Blumengarten und Pool. Ein paradiesischer Ort! Wir schlugen uns am ersten Morgen die Bäuche voll mit Müsli, Brot, Früchten, Schinken und wollten gerade aufstehen, da kam eine Serviceangestellte und fragte: “Wollt ihr Rührei oder Pankakes?” Da waren wir völlig verdutzt… Ein Futterparadies…!

Uns wurden in der Zwischenzeit auch einige Sachen geklaut. Und zwar ausschliesslich von anderen Touristen! Hier im Izhcayluma vor allem, da wir uns mit jeweils 4 anderen Touristen den Schlafraum teilen. Es sind zwar Kleinigkeiten, aber es geht ja ums Prinzip. Unser Shampoo (kostet hier ziemlich viel), Milena’s Schwamm und Oli’s Duschtuch verschwanden urplötzlich vom Bad. Das Toilettenpapier liessen wir keine 10min draussen, schon war es weg. Eigentlich trauten wir hier jedem Einzelnen, doch in Zukunft werden wir um Touristen viel vorsichtiger sein. Unsere Wertsachen haben wir dann jedenfalls zum ersten Mal auf unserer ganzen Reise eingeschlossen. Dies taten wir nicht mal in Bogota. Überhaupt ist die Travellerszene hier ziemlich eigenartig. Vielleicht haben wir uns einfach so an die Höflichkeit der Südamerikaner gewöhnt, oder es sind wirklich alles so Rüppel. Erst wurden wir ausgelacht weil wir mit Fahrrädern hier sind und dann wegen unserem vielen Gepäck. Plötzlich geht die Sonnenbrille eines Mitbewohners kaputt und wer wird nach Werkzeug gefragt? Beim Frühstück entdeckte eine Dame unser Zimtpulver (für die Pankakes) und was fragte sie? Eine junge Frau hätte auf dem Boden schlafen müssen und wen fragt sie nach einer Isomatte? Milena borgte ihr die Matte und sie motzte schon beim Aufpumpen: “Das ist ja sowas von anstrengend…” Milena pumpte ihr dann die Matte auf. Dann fand sie die Matte auch noch zu schmal. Naja, sie war halt auch drei mal so breit wie Milena… Als sie aber am nächsten Morgen sich darüber beschwerte, dass die Isomatte unbequem sei waren wir total paff. Wäre sie noch eine Nacht geblieben, hätte sie garantiert auf dem Steinboden geschlafen… Ein älteres Paar beschwerte sich tatsächlich über das leckere Frühstücksbuffet und eine französische Reisegruppe trieb uns dann am zweiten Tag gleich in die Flucht. Diese unternehmen nämlich eine Sauftour durch Ecuador und kotzten die Toilette des Schlafraumes lautstark voll. Ja, warum nicht? Ein Cuba Libre oder ein Caipirinha kostet hier auch nur 1,50$ und wenn man den nötigen Respekt zu hause lässt kann man durchaus eine billige Saufreise durch ein Land der dritten Welt unternehmen. Es hat ja ein einheimisches Putzpersonal, die den Dreck wegräumt. Und die Zigarettenstummel landen im Restaurant auch auf dem Boden statt im Aschenbecher. Aber auch hier hat es Putzpersonal… unglaublich…

Wir wollten dann etwas verduften und überlegten uns, welche Wanderung wir machen sollten. Möglichst lange sollte sie gehen. So entschieden wir uns für eine fast siebenstündige Bergkamm-Wanderung und die sorgte für reichlich Adrenalin. Eigentlich sollte man diese Wanderung nur machen, wenn es nicht windet. Das hatte schon seine Gründe, denn manchmal war der Weg nur 40cm breit und seitlich ging es ganz schön steil runter.

Die Landschaft war wunderschön und wir kamen vor lauter fotografieren kaum vorwärts. Lag aber auch ein bisschen daran, dass sich Milena drei mal hintereinander den Fuss verstauchte und kaum noch gehen konnte. Wir sind uns halt das Radeln, nicht das Gehen gewohnt…

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Am nächsten Morgen wurden wir dann von einer sehr netten deutschen Auswanderin und ihrem ecuadorianischen Mann abgeholt. Die Beiden machen hier Touren mit sehr speziellen Pferden. Sie kreuzen jeweils die edlen Paso-Fino’s aus Argentinien mit den zuverlässigen und trittsicheren Criollos. Diese Pferde haben ziemlich Power und sind trotzdem sehr ruhig. Vor allem aber sind sie ziemlich bequem zu reiten. Mit solchen Pferden machten wir eine Tour und die war super toll! Unglaublich wie diese Tiere über die grossen Steine stiegen und manchmal einfach so anhielten und überlegten, wie sie dieses Hindernis überwältigen können. Der Weg war ziemlich heftig und wir wären da zu Fuss einige Male gerutscht oder gestolpert. Die Pferdchen aber bewegten sich ziemlich professionell und kletterten selbst über Steine die ihnen bis zum Bauch reichten. Wir dachten einige Male “das geht nie” und schwups waren wir drüber. Wir staunten nicht schlecht über diese Leistung.

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Oli mit “Aventurero” (Abenteurer) und Milena mit “Mandango” (Berg in Vilcabamba)