06.04.2011

Bogota-Neiva

Der Abschied von Bogota viel uns nicht leicht. Zu gerne hätten wir dort noch etwas rumgehängt und noch mehr spannenden Geschichten von Radler Heinz und Globetrotter Reto (seit 16 Monaten unterwegs) gehört. Reto kam an unserem letzten Tag in Bogota dazu und als erstes schaute er Oli an und meinte: "Dich kenn ich!" Es dauerte aber noch eine gute Stunde bis die beiden merkten, dass sie einst Nachbarn waren. Reto wohnte im selben Block wie Oli (bevor wir in den Sennhof zogen) und die beiden haben sich nie wirklich bewusst gesehen. Schon verrückt: Da lernt man seinen Ex-Nachbarn in Bogota kennen...! Manchmal gibt es schon schräge Sachen... Trotzdem mussten wir weiter denn langsam geraten wir in visabedingten Zeitdruck. Die Kolumbianer geben einen für ihr riesiges Land lediglich 60 Tage Aufenthaltsbewilligung. So bepackten wir am 1. April unsere Räder wieder und suchten den Weg aus Bogota heraus. Reinfahren war definitiv einfacher als raus. Zudem hatten wir keinen Stadtplan von Bogota und wussten lediglich die ungefähre Richtung. Die Collectivos (kleine Stadtbusse) drängten uns dauernd von der Fahrbahn und der restliche Verkehr machte uns wahnsinnig. Doch wir fanden die richtige Strasse (fast) auf Anhieb. Erst ging es im Regen ein paar Kilometer bergauf auf knapp 3000müM und dann kam eine geniale Abfahrt ins tropische La Mesa auf ca. 1200müM. 20km wurden wir noch von einem sehr netten Rennvelofahrer begleitet der uns davon abriet, den Weg von der kolumbianischen Grenze nach Quito zu fahren. “Spinnt ihr?!? Da geht es 40km nur bergauf!” Naja, das haben wir auch schon öfters gehört. Aber dies von einem Velofahrer mit Waden wie Arnold Schwarzenegger zu hören ist schon etwas anderes als von einem kleinen, dicken Taxifahrer. Wir werden sehen wie Nordecuador so wird…

IMG_0961 Neblig und regnerisch…

In La Mesa herrschte schon wieder eine Höllenhitze und wir hatten natürlich lange Klamotten an. In Bogota war es auch sehr kalt… Wir haben schon gehört, dass es im Tal des Rio Magdalena heiss ist, aber dass es schon auf 1200m so warm ist, damit haben wir nicht gerechnet. In La Mesa übernachteten wir und am nächsten Morgen gings weiter nach Girardot auf rund 400müM. Es regnete mal wieder und uns gurkte das gestrampel etwas an, da kam dieses Schild:

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Sorgte schon ziemlich für Aufheiterung… Leider ging die Strecke nicht nur bergab, sondern immer wieder mit fiesen Steigungen zwischendurch und es wurde immer wärmer. Zudem war Samstag und die Leute auf der Strasse sturzbetrunken. Bei unserer Ankunft in Girardot hatten wir eine Gruppe lallender Kolumbianer um uns und wir amüsierten uns prächtig. Ihr Spanisch wurde zum Chinesisch und wir mussten uns das Lachen extrem verkneifen.

In Girardot fanden wir ein nettes Hotel und zum ersten mal sahen wir auch einen Skorpion. Der übernachtete bei uns im Bad und Milena musste immer zuerst den WC-Deckel untersuchen, bevor sie pinkeln konnte. Wir kennen viele Schlangen und Spinnen, aber mit Skorpionen haben wir noch gar keine Erfahrungen gemacht. Keine Ahnung, ob die vielleicht auch giftig sind…

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Von Girardot gings weiter in das kleine, aber sehr nette Natagaima. 90km rauf und runter und dort wurde es richtig heiss! Immerhin wurden wir die letzten Tage hin und wieder etwas verregnet was für eine willkommene Abkühlung sorgte.

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“Bequemes” Bett im dreifrankenfünfundsiebzig-Hotel

Von Natagaima nach Villavieja ging es weiter rauf und runter, nur noch viel höher… Kurz vor Aipe machte es “Pffft…!” Und stellt euch vor: Es war Oli’s Rad! Milena jauchzte vor Freude!

In Aipe erkundigten wir uns nach dem Weg nach Villavieja. Die Leute lotsten uns auf einen kleinen, schlammigen Dschungelpfad. Wir lachten erst und dachten, dass das unmöglich dieser Weg sein kann…aber es war so! Der ausgematschte Weg war zu schmal zum fahren und wir durften über Baumstämme balancieren und gleichzeitig unsere schweren Räder durch den Sumpf schieben. Wir schwitzten wie Rennpferde und die Moskitos machten uns fast wahnsinnig. Irgendwann teilte sich der Pfad in 3 und da hatten wir den Salat…! Zum Glück kamen irgendwann noch ein paar Leute und wir fragten, welcher “Weg” denn nun nach Villavieja führt. Links! Glück gehabt, denn wir wären um ein Haar geradeaus! Nachdem wir uns durch das Dickicht geschlagen hatten (eine Machette wäre ja super gewesen) stand da tatsächlich ein Kanu, mit welchem wir auf die andere Seite des Rio Magdalena geschippert wurden. In etwa so stellen wir uns die Fahrt durch das Darien Gap von Panama nach Kolumbien vor. Nur wäre da man 10 Tage so unterwegs. Danke dem, der Flugzeuge erfunden hat…

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Villavieja ist ein verschlafenes Savannenstädtchen. Ruhig, herzig, sympathisch und wir fühlten uns auf Anhieb sehr wohl. Zeit für eine Pause! Oli flickte draussen den Schlauch und schnell wurden wir von zwei Jungs umzingelt und unsere Werkzeugrolle wurde kräftig auseinandergenommen. “Für was ist das?” “Und das?” Am meisten beeindruckte sie das Multitool. Wir amüsierten uns über die Knirpse und sie halfen fleissig beim aufpumpen (wir hassen es…). Kurze Zeit später dann das Horrorszenario: Ein Motorrad mit zwei Frauen raste um die Ecke des Plazas und die hintere schrie erbärmlich. Als sie vor uns durchflitzten sahen wir, dass dazwischen ein kreidebleiches Kleinkind sass, welches entweder ohnmächtig oder gar schon tot war. Sie hielten schräg vis a vis von uns beim Medical Center, rüttelten am Gitter und schrien laut um Hilfe. Krankenschwestern liessen sie dann rein. Das Medical Center ist leider nicht wirklich ein Spital. Wir hofften erst, dass das Kind “nur” vor Fieber ohnmächtig wurde, aber leider war es nicht so. Es fiel aus dem Fenster eines Hauses und starb. Es war drei Jahre alt. Die Menschen versammelten sich vor dem Spital und die Stimmung im Dorf war sehr getrübt. Der Anblick der weinenden Mutter mit dem Kind im Arm ging uns unter die Haut und das Bild werden wir so schnell nicht mehr vergessen. Wir sehen nicht nur die schönen Sachen und die sogenannten “Sehenswürdigkeiten”, sondern das alltägliche Leben hier. In der Schweiz wäre die Ambulanz gekommen, anstatt ein Motorradtaxi. Unsere Spitäler wären gewappnet gewesen, dieser könnte bestenfalls Infusionen setzen. Das Leben ist unfair und noch unfairer erscheint es einem, wenn man sowas miterlebt. Die Mutter tut uns unendlich leid…

Attraktion Nr. 1 (eigentlich auch die Einzige) hier in Villavieja ist die Tatacoa-Wüste. Wir buchten eine Tour zusammen mit einer Irländerin, welche im selben Hotel haust. Apropos Hotel: In unserem Hotel nächtigte einst auch Simon Bolivar. Ob die Ratte (oder was auch immer es war) auch seine Bananen anknabberte???

Unser netter Guide flitzte mit uns raus in die wohl heisseste Gegend Kolumbiens. Die Felsformationen und Canyons beeindruckten uns sehr. Noch mehr aber das Gefährt unseres Guides. Eine Art Tuk-Tuk aber mit einem richtigen Motorrad vorne. Somit wurde auch schon unsere nächste Reise geplant…

Die Tatacoa-Wüste ist ein sehr faszinierender Ort. Man denkt nicht selten, auf dem Mond gelandet zu sein…

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Die Fahrt nach Neiva ist wohl in ihrer Schönheit und Angenehmheit kaum noch zu toppen. Wir fuhren durch eine (natürlich) sehr hügelige Landschaft mit tollen Blicken auf die Andenriesen, die links und rechts herausragten. Die Berge erschienen vom aufsteigenden Nebel ziemlich unheimlich und die vielen Kakteen sorgten für ein kleines Mexiko-Feeling. Felsen ragten wie Tafelberge aus der kargen Landschaft heraus. Dann wechselte es zu grün und wir dachten am Set von Herr der Ringe im Auenland zu sein. Dann plötzlich kam wieder ein Wald und wir fuhren durch eine Allee aus Bäumen. Die Strasse schlängelte sich links und wieder rechts und hinter jeder Kurve gab es eine neue Überraschung. Mal änderte die Landschaft, mal windet sich die Strasse über einen ekligen steilen Hügel und in ein paar wenigen Fällen konnten wir mit 60km/h einen Hügel runter flitzen. Langweilig wurde es nie…

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3 Kommentare:

  1. Die Bilder sind grossartig!

    Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erleben....

    In diesem Sinne weiterhin alles Gute!

    Tom

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  2. wunderschöni bilder! schön zgseh, dass es eu guet goht.

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  3. hoi zäme..sind wieder um intressanti gschichte wo ihr da erläbt hänt...die landschafts bilder sind wunder- schön i ihre pracht und wiedergab...au mal en platte bim oli...so isch nöt immer Milena betroffe...wo mer mit hilf nöt überall is ziel findet...wünsch eu no viel glück und guti fahrt....guentifree

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