11.12.2011

Rio de Janeiro, 4.12.-11.12.2011

Nachtrag des letzten Blogeintrages (Itaguai-Rio de Janeiro):

Wir hatten wohl im letzten Blogeintrag bei einem Satz (die Favela Rocinha wird momentan „geräumt“) wohl eine etwas falsche Wortwahl verwendet. Nach einem besorgniserregenden E-Mail müssen wir an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Favela nicht gewalttätig geräumt, sondern zu Recht einige Drogenbarone verhaftet wurden. Die Polizei wälzt also keine Häuser mit Panzern nieder wie vor einigen Jahren noch. Ziel ist es, in den 100 grössten Favelas je einen Polizeistützpunkt einzurichten, was offenbar bei der Bevölkerung recht gut ankommt. Wir dachten, dies kam auch bei Euch in den Medien, da wir hier in Brasilen selbst eine Live-Übertragung dieses Einsatzes im TV hatten. Soviel zu dem kleinen Missverständnis im letzten Blogeintrag.

Nachdem wir bei zwei Hostales erfolglos eine Übernachtungsmöglichkeit suchten, fanden wir dann doch eines wo unsere Fahrräder allerdings nicht erwünscht waren. “Wir haben keinen Platz für Fahrräder”, so die Antwort. Natürlich hätten sie bestimmt irgendwo ein Plätzchen gehabt, aber offenbar waren die weniger auf gute Kundschaft angewiesen. Immerhin wären wir ganze zehn Nächte geblieben und das Hostal war (anscheinend nicht grundlos) fast leer. Aber sollten wir unsere Lieblinge, welche uns 8000km lang durch Dschungel, Flüsse, Wüsten, über Berge etc. begleitet haben im Stadtviertel Copacabana einfach so über das Wochenende an eine Laterne ketten??? NIEMALS! Da wäre am nächsten Tag bestenfalls nur noch der Rahmen dran gewesen, es sei denn jemand hätte das passende Werkzeug für unsere Stahlseile gehabt… Wir luden das Gepäck ab und fuhren zu einem der beiden anderen Hostales. Dort konnten wir die letzten acht Nächte reservieren, müssen aber dreimal den Schlafraum wechseln. Uns war alles egal, solange nur unsere Lieblinge in Sicherheit waren. Taktisch klug erwähnten wir beim bezahlen so nebenbei, dass wir unsere Fahrräder aber gerne heute schon bringen. “Kein Problem…”

Nach zwei Nächten im 12er Zimmer holten wir unsere Fahrräder ab, beluden sie wieder und gingen zum neuen Hostal. Leider müssen wir erwähnen, dass die einzigen bezahlbaren Hotels in Rio nicht gerade der Wahnsinn sind. Die Zimmer sind zwar gut und sauber, aber das Personal nicht unbedingt sehr freundlich. Unsere sehr kräftig gebaute Küchenchefin macht uns gar Angst. Wehe man sagt ihr, dass die Milch alle ist…! Unsere junge Receptionistin vergisst alles. Sie erkannte uns auch nach dem 4. Mal nicht wieder, auch wenn wir nur schnell die Kreditkarte holen gingen und bei der Reservierung doch recht lange mit ihr geredet hatten. Wir trauen uns schon fast nicht, sie nach einer Transportmöglichkeit zum Flughafen zu fragen, denn sie wird es wohl vergessen… Wie auch immer, wir haben ein Dach über dem Kopf und auch einigermassen genug Platz um unsere Fahrräder auf die lange Heimreise nächste Woche zu verpacken. Natürlich war das mal wieder eine super Oli und Milena-Aktion:

Wir fuhren mit dem Bus zum Flughafen (eine Stunde Fahrt), nur um dann von der Info-Dame zu erfahren, dass es am ganzen Flughafen keine einzige Kartonschachtel gibt… die fanden wir dann später beim Fahrradhändler gleich um die Ecke unseres Hotels. Also merke: Immer erst in unserem Viertel nachschauen… Allerdings waren das etwas Kleine und so nahmen wir vier Stück. Jetzt müssen wir halt etwas improvisieren, aber das haben wir in diesem Jahr ja nun gelernt.

Die so sympatische Küchenchefin unseres Hotels ist gleichzeitig auch unsere Putzfrau und ihr kam nichts besseres in den Sinn, als Oli’s Tarp, Regenschutz und einen ganzen Sack voll Kleider wegzuwerfen. Sehr dumm ist das Tarp. Dieses können wir nämlich sehr klever zu einer riesigen Tasche umfunktionieren, in welcher alle vier Radtaschen schön Platz darin haben. Genau jetzt vor dem Heimflug ist es weg! Wie weiter oben schon erwähnt, legen wir uns mit der Dame nicht besonders gerne an und so machten wir uns auf die Suche nach einer grossen (nein riesigen) Tasche für Oli. Diesmal suchten wir erst unser eigener Viertel ab. Alles (bis auf eine kleine Querstrasse) wurde genaustens inspiziert, aber keine einzige Tasche war gross genug. Also nahmen wir den Bus ins Stadtzentrum von Rio. Nach 30min kamen wir dort an und eine Stunde später hatten wir eine schön grosse Tasche. Zurück in Copacabana gingen wir diese eine Querstrasse, welche wir vergessen hatten hoch und was sahen wir? Drei Läden nebeneinander mit noch grösseren Taschen…! ARGH…!!!!!

Einen netten Nebeneffekt hatte das Ganze allerdings. Wir stellten im Zentrum nämlich fest, dass das Wetter toll ist und die Christus-Statue auf dem Corcovado frei von Wolken da steht. Eine Sensation, denn bisher verhüllte sich die schöne Statue immer. Dann nichts wie los! Diesmal war das Glück auf unserer Seite. Andere Reisende haben nämlich auch festgestellt, dass das Wetter gut ist und die Bahntickets zur Statue waren bis viereinhalb Stunden ausgebucht. Erst um halb sechs Uhr hätten wir die nächste Fahrt bekommen. Aber schon eine Sekunde später stand eine Dame da, welche und für drei Reais (CHF 1,50) Aufpreis (inkl. Rückfahrt per Bus) mit ihrem Auto nach oben brachte. Dort standen wir für das Ticket gut eine halbe Stunde an. Eigentlich hätten wir für den weiteren Bus, der dann effektiv zur Statue fährt nochmals anstehen müssen. Allerdings beobachteten wir bei der Ticketschlange mehrmals, wie andere vorne in der Schlange eingelassen wurden. Wieso sollten wir uns dann auch hinten anstellen, wenn andere vorne eingelassen werden? Also stellten wir uns ohne schlechtes Gewissen zu vorderst in die Schlange und innerhalb von einer Minute waren wir im nächsten Bus und schon standen wir oben.

Wie die Aussicht von da oben ist, müssen wir kaum erwähnen. Bestimmt hat schon jeder von Euch mindestens einmal ein Foto von da oben gesehen. Einfach gigantisch! Das Wetter war zwar bewölkt, doch das gefiel uns wesentlich besser als wenn der Himmel frei gewesen wäre. So hatte nämlich die Christus-Statue im Gegenlicht einen richtigen Heiligenschein und der Zuckerhut wurde von hübschen Wölkchen umgeben…

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Milena entdeckte noch eine erschreckende Ähnlichkeit von Oli und der Statue. Naja, mal abgesehen von Oli’s Locken…

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Die restliche Zeit verbrachten wir mit Geschenke einkaufen und sonstigen Stadtbummeln. Wir hörten so viele böse Geschichten über den Stadtteil Copacabana, aber uns kommt es ehrlich gesagt gar nicht gefährlich vor hier. Im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Grossstädten trauen wir uns hier auch ohne weiteres, Nachts herum zu laufen. Beim Stadtbummel wäre vermutlicher keiner auf die Idee gekommen, uns etwas zu klauen denn vor uns gingen meistens hübsch herausgeputzte Damen und Herren mit Dolce und Gabbana Taschen und die wären bestimmt zuerst dran gekommen.

Die zweitletzte Nacht durften wir dann in das 12er Zimmer umziehen. Dieses Zimmer teilten wir uns unter anderem mit einer brasilianischen Grossfamilie, welche aufgrund einer Hochzeit von Salvador nach Rio kam. Allen voran die Grossmutter! Sie bekam im Durchschnitt alle 20 Minuten einen unglaublich erschreckenden Hustanfall und unter lautem „hinaufziehen und röcheln“ spuckte sie dann alles in ein Becken neben ihrem Bett. Der Rest der Familie schnarchte wenigstens „nur“. Milena wurde unterdessen zur besten Freundin der Mama erkoren, weil sie ihr ein Armband schenkte. Da stand die ganze Familie (Papa und Sohn sturzbetrunken) um sie herum und redete und redete… Sie bekam dann zum Glück die Unterstützung eines Bolivianers, der Portugiesisch auf Spanisch übersetzten konnte. Wir hofften die ganze Nacht, dass sie Morgen wieder abreisen. Das taten sie dann auch mit der Begründung, der „Gringo“ (ein Norweger), der im dreistöckigen Bett oberhalb der Grossmutter schläft sei ihnen zu laut. Wir mussten uns das Lachen ja gar nicht verkneifen…

Aber wie sagte ein anderer Reisender einst in Quito zu uns: „Denkt immer, für Euch ist alles ein Erlebnis…!“

Unseren allerletzten Tag in Rio verbrachten wir mit Johannes, einem jungen Deutschen der uns beim verschachteln der Fahrräder erwischte. Auch er reiste schon per Fahrrad herum. Heute war ein strahlend schöner Sonntag (gut 32°) und Cindy, eine der beiden Frauen die wir damals in Costa Rica bei Sabrina in der Lodge kennengelernt haben riet uns sehr, den Hippie-Markt im Stadtteil Ipanema zu besuchen. Zufälligerweise wollte Johannes gerade auch dort hin und so schlenderten wir zu Dritt los. Der Markt war wirklich super schön und wir mussten uns sehr zusammenreissen, dass wir nicht zu viel einkauften (danke für den guten Tip Cindy!). Gegen Abend gingen wir noch einmal zum Strand, um natürlich noch ein paar seeehr typische Rio-Fotos zu schiessen…

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05.12.2011

Itaguai-Rio de Janeiro

Endstation !!! WIR SIND IN RIO !!!

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Und jetzt auch noch das: Kurz vor der Online-Stellung dieses Blogeintrages haben wir erfahren, dass Oli zum zweiten Mal Onkel wurde! Liebe Rilana, Lieber Ilir: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZU EURER KLEINEN “ANELA” !!! Wir freuen uns, die Kleine kennenzulernen!

Die Strecke verlief durch einige Vororte von Rio de Janeiro und dementsprechend nahm der Verkehr auch heftig zu. Natürlich haben wir uns noch verfahren und landeten genau in einem Viertel, wo wir eigentlich nicht hätten landen sollen. Aber wenn man so tut wie wenn man genau wüsste wohin man fährt und nicht irgendwie verunsichert wirkt, dann ist das auch kein Problem. Wir fanden die Hauptstrasse schnell wieder und die verliessen wir auch nicht mehr bis kurz vor Rio. Eigentlich hätten wir einen prima Seitenstreifen gehabt, aber der wurde gerade renoviert und wir fuhren einer riesigen Baustelle entlang. Dass wir uns die enge Fahrbahn nur ungern mit den gemeinen Busfahrer teilten, müssen wir wohl nicht erwähnen. Die sind hier wirklich unglaublich mühsam und rücksichtslos! Das machte sich deutlich, als wir an einen Unfall heran fuhren. Busfahrer vs. Truckfahrer… Vermutlich hat der Busfahrer gehupt und der Truckfahrer ging nicht weg, dann knallts denn der Busfahrer weicht nämlich nie aus, auch wenn er könnte. Jedes mal wenn wir einen Bus im Rückspiegel sehen, flüchten wir weit weg. Hier in Brasilien müssen wir leider sagen, dass wir die Steine anstatt für die bellenden Hunde lieber für die Busfahrer benutzen. Haben wir nie getan, aber wenn wir noch länger hier gefahren wären, dann bestimmt.

Vor uns lag der allerletzte Berg unserer ganzen Reise und unser Hassschild Nr. 1 mit der Aufschrift “Faixa addicional” (zusätzliche Fahrspur) kam schon bald. Dieses Schild bedeutet für uns nicht nur dass es jetzt bergauf geht, sondern auch dass unser Seitenstreifen bzw. Überlebensstreifen für diese zusätzliche Fahrbahn genutzt wird. Die ist dann statt für uns für die Trucks, weil die nicht so schnell den Berg hoch kommen. Also mussten wir unseren Überlebensstreifen mit den riesig breiten Trucks teilen. Gerade so kurz vor Rio war das gar nicht mal so lustig und wir standen mehr am Rande und liessen die Trucks vorbei, als dass wir selbst fahren konnten. Plötzlich schrie Milena von hinten: “Oli hilf mir!” Sie stand da, der linke Fuss auf der Pedale, der Rechte auf der anderen Seite des Strassengrabens am Steilhang im Dreck. Dazwischen hielt sie ihr gekipptes Fahrrad, welches fast kopfüber über dem gut 1,5m tiefen Strassengraben hing und sie konnte sich weder bewegen, noch sich selber aus dieser komischen Situation befreien. Gleichzeitig musste sie so lachen, dass sie die 45kg kaum noch halten konnte. Oli half dann und mit viel Mühe schafften wir es ohne dass das Fahrrad oder Milena in den Graben stürzte. Aus irgendeinem Grunde kippte das Fahrrad und damit sie nicht samt Velo kopfüber in den Graben stürzte, stemmte sie den Fuss gegen den Berg. So eine doofe und peinliche Situation. Natürlich musste beim vorbei fahren noch jeder hupen…

Danach wechselten wir die Fahrbahn, denn auf der Gegenfahrbahn hatte es einen Seitenstreifen. Dass wir nicht vorher schon auf diese Idee gekommen sind? Jedenfalls durften wir dann auch die letzte grosse Abfahrt geniessen und wir sahen schon einige Wolkenkratzer des Stadtteils “Barra da Tijuca”. Gleich am Ende der Abfahrt bogen wir dann aber ab in Richtung der Strände. Dort fanden wir einen super Zeltplatz und gingen gleich zum Meer. Dort erwartete uns eiskaltes Wasser und riesige Wellen. Das Meer ist hier aus irgendeinem Grund wirklich eiskalt. Wir machten es uns gemütlich und hängten unsere Hängematten auf. Als Oli gerade seine Matte am aufpumpen war, knallte es draussen und Milena lag samt Hängematte auf dem Boden. Oli’s Superknopf hielt diesmal nicht. Das war wohl nicht so ihr Tag…

Leider fanden wir ausser Hamburger kaum etwas Essbares in diesem Ort. So fuhren wir am nächsten Morgen zu einem Supermarkt etwas weiter weg und kauften Brot, Salami etc. und auch ein Frühstück für den nächsten Morgen. Kaum waren wir wieder zurück auf dem Campingplatz, stand unser “Nachbar” Aloiso mit Kaffe da. Er konnte gebrochen Englisch, ist pensioniert und macht hier Urlaub mit seiner Frau Marinette. Die Beiden leben etwas ausserhalb von Saõ Paulõ und kommen anscheinend öfters hierher. Nach gut drei Tassen selbstgemachtem Kaffee verabschiedete er sich und stand nur 10 Minuten später wieder da: “Meine Frau hat einen Eintopf mit Fisch, Crevetten und Reis gemacht. Wollt ihr auch etwas?” Es blieb nicht nur bei dieser einen Einladung, sondern wir wurden von den Beiden Vollpension versorgt. Später gab es wieder Kaffe mit Butterbrot und Käse. Als wir am Strand lagen, begann es (wie immer) zu regnen und als wir zurückkamen um unsere frisch gewaschenen Kleider in Sicherheit zu bringen, hing nichts mehr da. Marinette hat beim ersten Regentropfen alles abgeräumt und bei sich im grossen Zelt schön ordentlich an einen Kleiderständer gehängt. “Lassen wir das hier, wir haben ja genug Platz und hier kann es besser trocknen als im kleinen Zelt. Natürlich gab es dann noch Kaffee, Äpfel und Orangen. Unglaublich nett die Beiden! Wir fragten Aloiso ob er etwas von dem Tunnel der uns bevorstand weiss. Im Gegensatz zu allen Anderen sagen Brasilianer durchaus einmal “ich weiss es nicht, ich bin nicht von hier”. Ansonsten erzählte man uns lieber einen Blödsinn als dass man sich das eingestand. Aber natürlich fragte er den ganzen Campingplatz ab und so fand er heraus, dass es zwei Tunnels gibt mit einem Seitenstreifen. Seitenstreifen ist allerdings ein weiter Begriff, denn die sind von 30cm bis 2m breit…

Der Regen hörte die ganze Nacht nicht auf und als wir gegen halb neun erwachten, waren wir uns sehr unschlüssig ob wir wirklich heute nach Rio wollten oder nicht. Unsere letzte Etappe im Regen? Nein! Allerdings mussten wir einsehen, dass es am Samstag noch viel blöder ist, denn die Brasilianer sind nicht nur weltklasse im Fussball, sondern auch im Bier trinken und wir Fahrradfahrer sollten dann auf keinen Fall auf die Strasse. Auch am Sonntag ist es übel, denn dann kommen zusätzlich noch die Bewohner Rio’s von ihrem Wochenendaufenthalt im Süden nach hause und dann ist der Verkehr noch viel heftiger zusammen mit viel Alkoholisierten. Da heute Freitag ist, entschieden wir uns dann ganz klar dafür, heute nach Rio zu fahren. Somit war dies unsere letzte Nacht im Zelt hier in Südamerika denn wir haben gehört dass man in Rio am Strand der Copacabana besser nicht wild zeltet. Kaum standen wir auf, kam Aloiso und sagte: “Guten Morgen ihr Zwei. Der Kaffee, Brötchen, Butter und Käse ist schon parat.” Da wir bei dem Regen nicht noch lange kochen wollten und es auch schon etwas spät war, schenkten wir den Beiden unsere gestern gekaufte Eier. Die können wir eh nicht heil nach Rio transportieren. Wir haben nicht soweit gedacht, dass die so fürsorgliche Marinette uns natürlich unbedingt noch Spiegeleier kochen wollte. Davon liess sie sich nicht abhalten: “Fünf Minuten! Ich mach das sehr gerne!” Es wird uns sowieso nicht leicht fallen Abschied von Brasilien zu nehmen, aber wenn man solch lieben Menschen begegnet, wird es fast unerträglich werden…!

Nachdem wir uns von den Beiden verabschiedet, unsere E-Mail Adressen ausgetauscht hatten und versprachen, dass wir bald wieder nach Brasilien kommen und sie dann auch besuchen werden, machten wir uns auf den Weg nach Rio. Unsere letzte Etappe, unser letzter Tag auf dem Fahrrad in Südamerika. Ein eigenartiges Gefühl…

Die ersten gut 20km hatten wir einen hübschen Fahrradweg gleich am Meer entlang. Nach gut 12km machte es bei Milena zum letzten mal “Pffffft”. Ach, wie werden wir das Geräusch vermissen…! Diesmal allerdings beim Vorderrad, das ist immerhin erst der Zweite. Danach mussten wir auf die Av. America. Dort kam dann die gefürchtete Brücke, denn unmittelbar nach dieser, so erklärte uns Aloiso, kommt der Tunnel. Das stimmte und der Seitenstreifen war etwa 30cm breit. Zudem war die Beleuchtung schlecht und an manchen Abschnitten wurde es stockdunkel. Vor allem Milena hat recht Mühe mit den schmalen Tunnels. Haben wir sonst beide relativ starke Nerven, zittert sie regelrecht wenn wir in einen Tunnel kommen. Sie geriet dadurch immer ins schwanken und stützte sich dann an der Tunnelwand ab. Als wir wieder ins Helle kamen, sah sie aus wie ein Schwein. Ihre rechte Hand und der Ärmel ihres weissen Regenmantels waren schwarz vor Dreck. Die doppelstöckige Fahrbahn ging dann mit einem breiteren Seitenstreifen einer Klippe entlang und führte danach durch einen weiteren engen Tunnel, bis wir in Saõ Conrado ankamen. Hier befindet sich offenbar einer der weltweit schönsten Gleitschirmflugplätze überhaupt. Wir aber hatten gerade genug Adrenalin intus und sassen erst einmal in eine der vielen Strandkneipen, tranken eine Cola und beruhigten uns wieder.

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Der Besitzer der Kneipe lud uns gleich auf einen bzw. zwei, drei Kaffe ein. Also hier in Rio werden wir wohl weder verhungern, noch verdursten…! Wir befürchteten einen weiteren Tunnel aber der Strandbarbesitzer riet uns davon ab. “Geht da aussen rum, das ist viel sicherer!” Das sagte er, obwohl wir aussen rum die grösste Favela Brasiliens streifen werden. Das will was heissen. Die Favela “Rocinho” soll laut Gerüchten gar die grösste Weltweit sein und genau diese Favela wird momentan vom Militär in einer Grossaktion “aufgeräumt”. Zur WM 2014 soll hier Frieden herrschen. Wir streiften die Favela nur am alleräussersten Rande und wir fühlten uns überhaupt nicht unwohl dabei. Aber ja, so wie wir (vor allem Milena) dreckig und stinkig den Berg hoch kamen, hätte man uns wohl nicht mal mit einer Kneifzange angefasst…

Zwischen herausgeputzten hübschen Damen und Herren fuhren wir dann wieder auf einem top Radweg dem Strand entlang durch die Nobelviertel Leblon und Ipanema. Wir wurden in etwa so ungläubig von allen Seiten angestarrt wie zwei gelandete Aliens. Für uns war der Moment gross, als wir um die nächste Kurve den weissen Sandstrand von Copacabana vor uns hatten. Niemand ausser uns wusste, dass wir damit nach ziemlich genau 8000km (nur Fahrradfahren gerechnet) das Endziel einer unglaublichen Reise erreicht haben. Zwischen Freude, dass wir heil, ohne Unfall oder sonstige Blessuren hier in Rio einfahren durften und bald schon unsere Liebsten zuhause wieder in die Arme schliessen dürfen. Gleichzeitig aber auch traurig darüber, dass dieser Traum, der uns einst wie ewig schien schon bald vorbei ist. Mir diesen gemischten Gefühlen fuhren wir zwischen den starrenden Menschen am wohl berühmtesten Strand überhaupt entlang…

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IMG_6505 Für die nächste Reise möchten wir auch so eine Stereoanlage haben…!!!

Dies ist unser letzter Radelbericht, aber noch nicht der allerletzte dieses Blogs. Wir haben nun noch 11 spannende Tage hier in Rio. Zuerst aber schlafen wir mal schön aus, essen lecker und vielleicht begreifen wir dann, dass wir wirklich hier sind!

29.11.2011

Paraty-Itaguai

Da bei Milena’s Fahrrad der Ständer auch langsam etwas instabil aussah, schraubten wir den in Paraty ab und dann der Schock: Beinahe ein Rahmenbruch! Der Rahmen ist total eingedrückt und rostig und als nächstes wäre er bestimmt gebrochen. Ja, die super Konstruktion zur Befestigung des Veloständers von unserem Velomechaniker hat nun einen ziemlich blöden Schaden angerichtet. Nicht dass er diese Reise nicht mehr halten würde, ist es aber in Zukunft wohl eine grosse Schwachstelle.

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Am nächsten Morgen suchten wir als erstes einen Bankomaten und der war so nett, und schenkte Milena noch 50 Reais (rund CHF 25.-). Milena konnte es kaum fassen und redete den ganzen Weg von dem ach so lieben Bankomaten. Nach nur 40km fanden wir ein paar nette Strände. Bei einem assen wir zu Mittag und beim nächsten verbrachten wir dann den ganzen Nachmittag. Dort beobachteten wir dann ein Szenario, von dem wir in Argentinien gehört hatten, es aber kaum glauben konnten:

Eine schwarze Wespe betäubte eine Spinne, grub eine Höhle und legte die Spinne dort hinein. So wie wir erfahren haben besteht der Sinn darin, dass die Wespe die nur betäubte Spinne auf den Rücken legt und ihre Eier auf ihr ausbrütet. Schlüpfen die Eier, haben die Neuankömmlinge an der Spinne gleich genug zu fressen. Das üble der Geschichte: Die Spinne überlebt das Ganze und wacht irgendwann auf. Sie wird ja nur angeknabbert… Völlig fassungslos sassen wir da im Sand und beobachteten das Szenario mit etwas Gänsehaut. Eine zweite Wespe wollte die Spinne klauen, aber Oli klaute sie zurück und gab sie der Wespe wieder. Danach lieferten sich die Beiden noch einen Kampf. Wir hätten nie geglaubt dass das stimmt, wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen hätten…

Der Strand war mal abgesehen von dem gruseligen Schauspiel natürlich traumhaft schön. Wir hatten die kleine Bucht ganz für uns allein und schwammen mit unzähligen Meeresschildkröten im kühlen Meer. Immer wieder streckte eine der Schildkröten keine zwei Meter von uns entfernt den Kopf aus dem Wasser. Von sehr gross bis ganz klein waren sie vertreten.

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Wir fanden einen Zeltplatz direkt am Meer und wurden gleich von zwei Dauercamper zum Bier eingeladen. Was wir mit den unerwarteten 50 Reais übrigens angestellt hatten, müssen wir wohl nicht erwähnen…

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Am nächsten Morgen fuhren wir über ein paar Berge mit toller Aussicht weiter nach Angra dos Reis. Es lohnt sich halt schon die Berge hoch zu kraxeln und dann solch eine hübsche Aussicht zu haben…

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Die Stadt gefiel uns aber überhaupt nicht und so fuhren wir gleich weiter zu einem Strand rund 6km ausserhalb der Stadt. Hier ist es schön angenehm ruhig und friedlich. Hier blieben wir auch einen Tag lang und lagen etwas am Strand rum. In der Nacht machte uns allerdings eine einzige, aber wohl sehr schlaue Stechmücke das Leben schwer. Dauernd erwachten wir, weil das Viech neben unserem Ohr herum surrte. Das ging dann so weit, dass wir einen Schlachtplan entwickelten. Oli lag mit seiner Stirnlampe und einem Handtuch im Bett. Wenn das Surren wieder kam, stellte er die Lampe ganz schnell an und versuchte den Moskito mit dem Handtuch zu erschlagen. Der Moskito war aber schlauer und er überlebte alle Attacken schadenfrei. Im Gegensatz zu uns natürlich, denn das Mistviech holte sich natürlich was es wollte…

Von Angra dos Reis fuhren wir über ein paar ziemlich grosse Berge nach Mangaratiba. Auf den 50km ging es wirklich keinen Meter weit geradeaus. Immer bergauf, bergab. Als wir kurz stoppten freuten wir uns schon, weil nur noch 9km fehlten. Aber für diesen “Katzensprung” benötigten wir satte 1,5 Stunden, weil eben noch ein brutal steiler und langer Berg dazwischen lag. Da brauchten wir halt viele Pausen und Erfrischungen…

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In Mangaratiba suchten wir dann das erstbeste Restaurant um etwas zu essen. Unser bewährtes System bei der Restaurantsuche funktioniert hier in Brasilien nicht mehr. Wir wählten nämlich immer das Restaurant aus, wo die meisten Einheimischen sassen. Dort muss es gut und günstig sein. In Brasilien aber hat das Restaurant am meisten Gäste, welches einen TV hat wo gerade Fussball gezeigt wird. So assen wir zusammen mit ein paar emotional sehr aufgebrachten brasilianischen Fussballfans und wir amüsierten uns prächtig. Wenn es hier schon bei den kleinen Fussballspielen so abgeht dann lohnt es sich vielleicht doch, an der WM 2014 hierhinzu kommen…! Das Essen war aber trotzdem sehr lecker!

Am nächsten Morgen standen wir ganz früh auf, um die Fähre zur Ihla Grande zu erwischen. In eineinhalb Stündiger Fahrt schipperte man uns auf die sehr paradiesische Insel. Auf Ihla Grande verkehren ausser die Ambulanz keine Autos und es existieren lediglich ein paar Wanderwege auf denen man durch dichten Urwald von Traumstrand zu Traumstrand wandern kann. Hier könnte man sich durchaus zwei Wochen lang austoben und wir werden hier ganz bestimmt einmal einen längeren Urlaub verbringen denn die Insel hat, wie alle Anderen auch, uns ziemlich verzaubert. Wir wählten einfach eine Richtung und landeten beim wunderschönen Strand “Palmas” auf der Ostseite der Insel. Blöderweise war da noch ein Hindernis zwischen uns und dem Traumstrand und das war natürlich ein Berg. Dank den vielen Bäumen war kein Wind und wir schwitzten wie blöd. Aber die Abkühlung danach im erfrischenden Meer war super. Wir lagen den ganzen Tag rum, gingen wieder baden, hängten wieder rum….. Es war zwar bewölkt, aber hier in Brasilien ist es dann erst recht warm. Bewölkt heisst nämlich meistens auch höhere Luftfeuchtigkeit und da schwitzt man gleich doppelt.

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Nur ungern verliessen wir die Insel wieder und fuhren am nächsten Morgen bei blauem Himmel und Sonnenschein (typisch) über die nächsten Berge. Kurz vor einem offenbar längeren Anstieg stärkten wir uns noch bei einer eiskalten Cola, bevor wir uns bei brütender Hitze da hinauf quälten. Aber schon um die nächste Kurve die Überraschung: Es geht mitten am Anstieg bergab. Hä? Was geht da ab? Dann sahen wir völlig schockiert der Grund dafür. Ein Tunnel…! Radler mögen Tunnels nicht sonderlich gut leiden. Meistens fehlt nämlich der Seitenstreifen, die Fahrbahn ist nur einspurig, die Beleuchtung fehlt und die Truckfahrer geben mächtig gas. Wir hatten aber keine andere Wahl… Am Rande der Fahrbahn hatte es auch noch Sand. So waren wir damit beschäftigt einerseits die von hinten heranrasenden Truckfahrer per Seitenspiegel im Auge zu behalten und gleichzeitig nicht in die Sanddünen zu fahren. Zudem hatte es noch einen Randstein zwischen uns und der Wand so dass wir auch noch darauf aufpassen mussten, dass wir nicht zu fest rechts fuhren damit wir nicht mit den Vorderradtaschen dort einhängten. Dies hätte nämlich einen üblen Sturz verursachen können. Milena fuhr hinten und kaum donnerten die ersten Trucks unmittelbar an uns vorbei, bekam sie Panik: “OLI…! GIB GAS!!!!! SCHNELL!!!”, schrie sie von hinten und wir traten ordentlich in die Pedalen. Überall sonst hätten wir uns nämlich nur auf unser Fahrweg konzentriert, aber hier in Brasilien trauen wir mit einem sehr guten Grund Niemandem, der ein motorisiertes Fahrzeug steuert. Nach gut einem Kilometer hatten wir es geschafft bzw. überlebt und wir bekamen wieder eine nette grosse Autobahn mit einem breiteren Seitenstreifen als die Fahrbahnen selbst. Milena allerdings musste erst ihre zitterigen Beine beruhigen und das dauerte eine ganze Weile…

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In Itaguai suchten wir uns dann kurz nach Mittag eine Pousada. Es war so heiss und zudem haben wir noch immer sehr viel Zeit. Eigentlich wollten wir erst am Sonntag in Rio sein, aber wir könnten im Prinzip morgen schon da sein.

24.11.2011

Ubatuba-Paraty

 

Unser kleines Paradies verliessen wir nur ungern. Der Strand “da Enseada” gefiel uns sehr und noch schöner war die Posada dort. Der nette Besitzer warnte uns noch vor zwei grossen Bergen, winkte uns noch und dann flitzten wir los Richtung Paraty. 80km lagen vor uns und die hatten es in sich. Nicht nur wegen der Berge, sondern auch landschaftlich hat der Weg einiges zu bieten. Erst passierten wir wieder ein paar kleinere Strände. Da diese meistens in einer Bucht zwischen zwei Hügeln liegen, heisst das jeweils steil bergauf und steil bergab. Dann ein Stück dem Strand entlang und wieder dasselbe von vorne. Dafür hatten wir öfters eine tolle Aussicht von da oben.

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Den ersten Berg überwindeten wir schnell, denn das Frühstück in der Posada war sehr ergiebig und wir kamen wunderbar vorwärts. Trotz bewölktem Himmel schwitzten wir aber wie blöd. Wenn hier die Sonne kommt, dann wird es richtig heiss! Der zweite Berg war dann schon gemeiner. 12km hechelten wir zwischen Sonne und bewölktem Himmel den nicht enden wollend Berg hoch und kurz vor dem Ziel wurden wir noch verregnet bzw. schwitzten wir in den Regenklamotten noch viel mehr. Zudem kam langsam das bei Radfahrern verhasste “ich muss dringend was essen”-Gefühl und bei der zusätzlichen Hitze geht da schnell gar nichts mehr. Da in Brasilien bis anhin die Versorgung immer super war, schleppten wir natürlich kaum Essen mit. Diesmal aber sahen wir das letzte Essbare vor 50km in Ubatuba…

Genau 1km vor der Passhöhe fanden wir dann aber versteckt im Dschungel und unmittelbar neben einem schönen Wasserfall einen kleinen Laden am Strassenrand, welcher zu unserer Freude gerade Würstchen auf dem Grill hatte. Zuerst mussten wir aber noch für ein Fotoshooting mit brasilianischen Touristen hinhalten. In der Kneipe sass auch noch eine Familie mit einem kleinen Hund, welcher alle vorbeigehenden Leute mit einem ekelhaften, hohen Kläffen vertreiben wollte. Am liebsten hätten wir ihm gleich eines der Würstchen in den Hals gesteckt. Sehr amüsant war auch die Mama. Wir gingen davon aus dass sie betrunken war, denn sie redete völlig wirres und unverständliches Zeugs. Wieder eine Situation wo wir uns darüber ärgerten, dass wir kein Portugiesisch gelernt haben. Das wäre bestimmt eine amüsante Unterhaltung gewesen. Mit dem Würstchensandwich im Magen ging es dann wieder rasant vorwärts. Auf der Passhöhe befand sich auch der Grenzübergang vom Kanton Saõ Paulõ nach Rio de Janeiro, wohl unser Letzter.

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Dann folgte eine wahnsinns Abfahrt bis kurz vor Paraty. Müde schoben wir unsere Fahrräder durch die Altstadtgassen, welche mitunter die schlimmsten Kopfsteinpflaster hatte die wir je zu Gesicht bekamen. Ein Bachbett wäre angenehmer gewesen… So schoben wir halt und suchten die günstige Jugendherberge aus unserem Reiseführer. Erst am nächsten Tag merkten wir, in was für einem Paradies wir gelandet sind…

Paraty ist eine Mischung aus der hübschen Kolonialstadt Mompos in Kolumbien und dem Naturparadies Mocoa (ebenfalls in Kolumbien, von welchem wir damals so geschwärmt hatten). Paraty ist sehr romantisch, angenehm ruhig mit bunten Häuschen, Strassenmusikern und Pferdekutschen zwischen den Gassen. Mit so einem hübschen Ort hatten wir nicht gerechnet…

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Wir fuhren zu einem Wasserfall mit einem Naturpool, wo wir baden konnten. Leider mussten wir das Paradies mit einigen anderen Touristen teilen und waren nicht alleine wie in Mocoa. Das Wasser war ziemlich kalt, aber da wir erst mal wieder einen Berg hoch fahren mussten, kam uns die derbe Abkühlung gerade recht…

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Am Nachmittag gingen wir noch zum Strand mit den vielen vorgelagerten Inseln. Unterwegs trafen wir noch auf eine grosse Gruppe dieser kleinen Äffchen, welche uns alle ganz empört anschauten. Sowas Niedliches!!!

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Wäre das Wetter etwas besser gewesen, wäre dies absolut der Hammer gewesen. Leider aber zogen immer wieder dunkle Wolken vorüber. Wir suchten dann etwas Muscheln am Strand und damit konnten wir kaum noch aufhören. So ganz nach dem Motto “wer hat die Schönste erwischt”