05.12.2011

Itaguai-Rio de Janeiro

Endstation !!! WIR SIND IN RIO !!!

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Und jetzt auch noch das: Kurz vor der Online-Stellung dieses Blogeintrages haben wir erfahren, dass Oli zum zweiten Mal Onkel wurde! Liebe Rilana, Lieber Ilir: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZU EURER KLEINEN “ANELA” !!! Wir freuen uns, die Kleine kennenzulernen!

Die Strecke verlief durch einige Vororte von Rio de Janeiro und dementsprechend nahm der Verkehr auch heftig zu. Natürlich haben wir uns noch verfahren und landeten genau in einem Viertel, wo wir eigentlich nicht hätten landen sollen. Aber wenn man so tut wie wenn man genau wüsste wohin man fährt und nicht irgendwie verunsichert wirkt, dann ist das auch kein Problem. Wir fanden die Hauptstrasse schnell wieder und die verliessen wir auch nicht mehr bis kurz vor Rio. Eigentlich hätten wir einen prima Seitenstreifen gehabt, aber der wurde gerade renoviert und wir fuhren einer riesigen Baustelle entlang. Dass wir uns die enge Fahrbahn nur ungern mit den gemeinen Busfahrer teilten, müssen wir wohl nicht erwähnen. Die sind hier wirklich unglaublich mühsam und rücksichtslos! Das machte sich deutlich, als wir an einen Unfall heran fuhren. Busfahrer vs. Truckfahrer… Vermutlich hat der Busfahrer gehupt und der Truckfahrer ging nicht weg, dann knallts denn der Busfahrer weicht nämlich nie aus, auch wenn er könnte. Jedes mal wenn wir einen Bus im Rückspiegel sehen, flüchten wir weit weg. Hier in Brasilien müssen wir leider sagen, dass wir die Steine anstatt für die bellenden Hunde lieber für die Busfahrer benutzen. Haben wir nie getan, aber wenn wir noch länger hier gefahren wären, dann bestimmt.

Vor uns lag der allerletzte Berg unserer ganzen Reise und unser Hassschild Nr. 1 mit der Aufschrift “Faixa addicional” (zusätzliche Fahrspur) kam schon bald. Dieses Schild bedeutet für uns nicht nur dass es jetzt bergauf geht, sondern auch dass unser Seitenstreifen bzw. Überlebensstreifen für diese zusätzliche Fahrbahn genutzt wird. Die ist dann statt für uns für die Trucks, weil die nicht so schnell den Berg hoch kommen. Also mussten wir unseren Überlebensstreifen mit den riesig breiten Trucks teilen. Gerade so kurz vor Rio war das gar nicht mal so lustig und wir standen mehr am Rande und liessen die Trucks vorbei, als dass wir selbst fahren konnten. Plötzlich schrie Milena von hinten: “Oli hilf mir!” Sie stand da, der linke Fuss auf der Pedale, der Rechte auf der anderen Seite des Strassengrabens am Steilhang im Dreck. Dazwischen hielt sie ihr gekipptes Fahrrad, welches fast kopfüber über dem gut 1,5m tiefen Strassengraben hing und sie konnte sich weder bewegen, noch sich selber aus dieser komischen Situation befreien. Gleichzeitig musste sie so lachen, dass sie die 45kg kaum noch halten konnte. Oli half dann und mit viel Mühe schafften wir es ohne dass das Fahrrad oder Milena in den Graben stürzte. Aus irgendeinem Grunde kippte das Fahrrad und damit sie nicht samt Velo kopfüber in den Graben stürzte, stemmte sie den Fuss gegen den Berg. So eine doofe und peinliche Situation. Natürlich musste beim vorbei fahren noch jeder hupen…

Danach wechselten wir die Fahrbahn, denn auf der Gegenfahrbahn hatte es einen Seitenstreifen. Dass wir nicht vorher schon auf diese Idee gekommen sind? Jedenfalls durften wir dann auch die letzte grosse Abfahrt geniessen und wir sahen schon einige Wolkenkratzer des Stadtteils “Barra da Tijuca”. Gleich am Ende der Abfahrt bogen wir dann aber ab in Richtung der Strände. Dort fanden wir einen super Zeltplatz und gingen gleich zum Meer. Dort erwartete uns eiskaltes Wasser und riesige Wellen. Das Meer ist hier aus irgendeinem Grund wirklich eiskalt. Wir machten es uns gemütlich und hängten unsere Hängematten auf. Als Oli gerade seine Matte am aufpumpen war, knallte es draussen und Milena lag samt Hängematte auf dem Boden. Oli’s Superknopf hielt diesmal nicht. Das war wohl nicht so ihr Tag…

Leider fanden wir ausser Hamburger kaum etwas Essbares in diesem Ort. So fuhren wir am nächsten Morgen zu einem Supermarkt etwas weiter weg und kauften Brot, Salami etc. und auch ein Frühstück für den nächsten Morgen. Kaum waren wir wieder zurück auf dem Campingplatz, stand unser “Nachbar” Aloiso mit Kaffe da. Er konnte gebrochen Englisch, ist pensioniert und macht hier Urlaub mit seiner Frau Marinette. Die Beiden leben etwas ausserhalb von Saõ Paulõ und kommen anscheinend öfters hierher. Nach gut drei Tassen selbstgemachtem Kaffee verabschiedete er sich und stand nur 10 Minuten später wieder da: “Meine Frau hat einen Eintopf mit Fisch, Crevetten und Reis gemacht. Wollt ihr auch etwas?” Es blieb nicht nur bei dieser einen Einladung, sondern wir wurden von den Beiden Vollpension versorgt. Später gab es wieder Kaffe mit Butterbrot und Käse. Als wir am Strand lagen, begann es (wie immer) zu regnen und als wir zurückkamen um unsere frisch gewaschenen Kleider in Sicherheit zu bringen, hing nichts mehr da. Marinette hat beim ersten Regentropfen alles abgeräumt und bei sich im grossen Zelt schön ordentlich an einen Kleiderständer gehängt. “Lassen wir das hier, wir haben ja genug Platz und hier kann es besser trocknen als im kleinen Zelt. Natürlich gab es dann noch Kaffee, Äpfel und Orangen. Unglaublich nett die Beiden! Wir fragten Aloiso ob er etwas von dem Tunnel der uns bevorstand weiss. Im Gegensatz zu allen Anderen sagen Brasilianer durchaus einmal “ich weiss es nicht, ich bin nicht von hier”. Ansonsten erzählte man uns lieber einen Blödsinn als dass man sich das eingestand. Aber natürlich fragte er den ganzen Campingplatz ab und so fand er heraus, dass es zwei Tunnels gibt mit einem Seitenstreifen. Seitenstreifen ist allerdings ein weiter Begriff, denn die sind von 30cm bis 2m breit…

Der Regen hörte die ganze Nacht nicht auf und als wir gegen halb neun erwachten, waren wir uns sehr unschlüssig ob wir wirklich heute nach Rio wollten oder nicht. Unsere letzte Etappe im Regen? Nein! Allerdings mussten wir einsehen, dass es am Samstag noch viel blöder ist, denn die Brasilianer sind nicht nur weltklasse im Fussball, sondern auch im Bier trinken und wir Fahrradfahrer sollten dann auf keinen Fall auf die Strasse. Auch am Sonntag ist es übel, denn dann kommen zusätzlich noch die Bewohner Rio’s von ihrem Wochenendaufenthalt im Süden nach hause und dann ist der Verkehr noch viel heftiger zusammen mit viel Alkoholisierten. Da heute Freitag ist, entschieden wir uns dann ganz klar dafür, heute nach Rio zu fahren. Somit war dies unsere letzte Nacht im Zelt hier in Südamerika denn wir haben gehört dass man in Rio am Strand der Copacabana besser nicht wild zeltet. Kaum standen wir auf, kam Aloiso und sagte: “Guten Morgen ihr Zwei. Der Kaffee, Brötchen, Butter und Käse ist schon parat.” Da wir bei dem Regen nicht noch lange kochen wollten und es auch schon etwas spät war, schenkten wir den Beiden unsere gestern gekaufte Eier. Die können wir eh nicht heil nach Rio transportieren. Wir haben nicht soweit gedacht, dass die so fürsorgliche Marinette uns natürlich unbedingt noch Spiegeleier kochen wollte. Davon liess sie sich nicht abhalten: “Fünf Minuten! Ich mach das sehr gerne!” Es wird uns sowieso nicht leicht fallen Abschied von Brasilien zu nehmen, aber wenn man solch lieben Menschen begegnet, wird es fast unerträglich werden…!

Nachdem wir uns von den Beiden verabschiedet, unsere E-Mail Adressen ausgetauscht hatten und versprachen, dass wir bald wieder nach Brasilien kommen und sie dann auch besuchen werden, machten wir uns auf den Weg nach Rio. Unsere letzte Etappe, unser letzter Tag auf dem Fahrrad in Südamerika. Ein eigenartiges Gefühl…

Die ersten gut 20km hatten wir einen hübschen Fahrradweg gleich am Meer entlang. Nach gut 12km machte es bei Milena zum letzten mal “Pffffft”. Ach, wie werden wir das Geräusch vermissen…! Diesmal allerdings beim Vorderrad, das ist immerhin erst der Zweite. Danach mussten wir auf die Av. America. Dort kam dann die gefürchtete Brücke, denn unmittelbar nach dieser, so erklärte uns Aloiso, kommt der Tunnel. Das stimmte und der Seitenstreifen war etwa 30cm breit. Zudem war die Beleuchtung schlecht und an manchen Abschnitten wurde es stockdunkel. Vor allem Milena hat recht Mühe mit den schmalen Tunnels. Haben wir sonst beide relativ starke Nerven, zittert sie regelrecht wenn wir in einen Tunnel kommen. Sie geriet dadurch immer ins schwanken und stützte sich dann an der Tunnelwand ab. Als wir wieder ins Helle kamen, sah sie aus wie ein Schwein. Ihre rechte Hand und der Ärmel ihres weissen Regenmantels waren schwarz vor Dreck. Die doppelstöckige Fahrbahn ging dann mit einem breiteren Seitenstreifen einer Klippe entlang und führte danach durch einen weiteren engen Tunnel, bis wir in Saõ Conrado ankamen. Hier befindet sich offenbar einer der weltweit schönsten Gleitschirmflugplätze überhaupt. Wir aber hatten gerade genug Adrenalin intus und sassen erst einmal in eine der vielen Strandkneipen, tranken eine Cola und beruhigten uns wieder.

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Der Besitzer der Kneipe lud uns gleich auf einen bzw. zwei, drei Kaffe ein. Also hier in Rio werden wir wohl weder verhungern, noch verdursten…! Wir befürchteten einen weiteren Tunnel aber der Strandbarbesitzer riet uns davon ab. “Geht da aussen rum, das ist viel sicherer!” Das sagte er, obwohl wir aussen rum die grösste Favela Brasiliens streifen werden. Das will was heissen. Die Favela “Rocinho” soll laut Gerüchten gar die grösste Weltweit sein und genau diese Favela wird momentan vom Militär in einer Grossaktion “aufgeräumt”. Zur WM 2014 soll hier Frieden herrschen. Wir streiften die Favela nur am alleräussersten Rande und wir fühlten uns überhaupt nicht unwohl dabei. Aber ja, so wie wir (vor allem Milena) dreckig und stinkig den Berg hoch kamen, hätte man uns wohl nicht mal mit einer Kneifzange angefasst…

Zwischen herausgeputzten hübschen Damen und Herren fuhren wir dann wieder auf einem top Radweg dem Strand entlang durch die Nobelviertel Leblon und Ipanema. Wir wurden in etwa so ungläubig von allen Seiten angestarrt wie zwei gelandete Aliens. Für uns war der Moment gross, als wir um die nächste Kurve den weissen Sandstrand von Copacabana vor uns hatten. Niemand ausser uns wusste, dass wir damit nach ziemlich genau 8000km (nur Fahrradfahren gerechnet) das Endziel einer unglaublichen Reise erreicht haben. Zwischen Freude, dass wir heil, ohne Unfall oder sonstige Blessuren hier in Rio einfahren durften und bald schon unsere Liebsten zuhause wieder in die Arme schliessen dürfen. Gleichzeitig aber auch traurig darüber, dass dieser Traum, der uns einst wie ewig schien schon bald vorbei ist. Mir diesen gemischten Gefühlen fuhren wir zwischen den starrenden Menschen am wohl berühmtesten Strand überhaupt entlang…

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IMG_6505 Für die nächste Reise möchten wir auch so eine Stereoanlage haben…!!!

Dies ist unser letzter Radelbericht, aber noch nicht der allerletzte dieses Blogs. Wir haben nun noch 11 spannende Tage hier in Rio. Zuerst aber schlafen wir mal schön aus, essen lecker und vielleicht begreifen wir dann, dass wir wirklich hier sind!

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