Nachtrag des letzten Blogeintrages (Itaguai-Rio de Janeiro):
Wir hatten wohl im letzten Blogeintrag bei einem Satz (die Favela Rocinha wird momentan „geräumt“) wohl eine etwas falsche Wortwahl verwendet. Nach einem besorgniserregenden E-Mail müssen wir an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Favela nicht gewalttätig geräumt, sondern zu Recht einige Drogenbarone verhaftet wurden. Die Polizei wälzt also keine Häuser mit Panzern nieder wie vor einigen Jahren noch. Ziel ist es, in den 100 grössten Favelas je einen Polizeistützpunkt einzurichten, was offenbar bei der Bevölkerung recht gut ankommt. Wir dachten, dies kam auch bei Euch in den Medien, da wir hier in Brasilen selbst eine Live-Übertragung dieses Einsatzes im TV hatten. Soviel zu dem kleinen Missverständnis im letzten Blogeintrag.
Nachdem wir bei zwei Hostales erfolglos eine Übernachtungsmöglichkeit suchten, fanden wir dann doch eines wo unsere Fahrräder allerdings nicht erwünscht waren. “Wir haben keinen Platz für Fahrräder”, so die Antwort. Natürlich hätten sie bestimmt irgendwo ein Plätzchen gehabt, aber offenbar waren die weniger auf gute Kundschaft angewiesen. Immerhin wären wir ganze zehn Nächte geblieben und das Hostal war (anscheinend nicht grundlos) fast leer. Aber sollten wir unsere Lieblinge, welche uns 8000km lang durch Dschungel, Flüsse, Wüsten, über Berge etc. begleitet haben im Stadtviertel Copacabana einfach so über das Wochenende an eine Laterne ketten??? NIEMALS! Da wäre am nächsten Tag bestenfalls nur noch der Rahmen dran gewesen, es sei denn jemand hätte das passende Werkzeug für unsere Stahlseile gehabt… Wir luden das Gepäck ab und fuhren zu einem der beiden anderen Hostales. Dort konnten wir die letzten acht Nächte reservieren, müssen aber dreimal den Schlafraum wechseln. Uns war alles egal, solange nur unsere Lieblinge in Sicherheit waren. Taktisch klug erwähnten wir beim bezahlen so nebenbei, dass wir unsere Fahrräder aber gerne heute schon bringen. “Kein Problem…”
Nach zwei Nächten im 12er Zimmer holten wir unsere Fahrräder ab, beluden sie wieder und gingen zum neuen Hostal. Leider müssen wir erwähnen, dass die einzigen bezahlbaren Hotels in Rio nicht gerade der Wahnsinn sind. Die Zimmer sind zwar gut und sauber, aber das Personal nicht unbedingt sehr freundlich. Unsere sehr kräftig gebaute Küchenchefin macht uns gar Angst. Wehe man sagt ihr, dass die Milch alle ist…! Unsere junge Receptionistin vergisst alles. Sie erkannte uns auch nach dem 4. Mal nicht wieder, auch wenn wir nur schnell die Kreditkarte holen gingen und bei der Reservierung doch recht lange mit ihr geredet hatten. Wir trauen uns schon fast nicht, sie nach einer Transportmöglichkeit zum Flughafen zu fragen, denn sie wird es wohl vergessen… Wie auch immer, wir haben ein Dach über dem Kopf und auch einigermassen genug Platz um unsere Fahrräder auf die lange Heimreise nächste Woche zu verpacken. Natürlich war das mal wieder eine super Oli und Milena-Aktion:
Wir fuhren mit dem Bus zum Flughafen (eine Stunde Fahrt), nur um dann von der Info-Dame zu erfahren, dass es am ganzen Flughafen keine einzige Kartonschachtel gibt… die fanden wir dann später beim Fahrradhändler gleich um die Ecke unseres Hotels. Also merke: Immer erst in unserem Viertel nachschauen… Allerdings waren das etwas Kleine und so nahmen wir vier Stück. Jetzt müssen wir halt etwas improvisieren, aber das haben wir in diesem Jahr ja nun gelernt.
Die so sympatische Küchenchefin unseres Hotels ist gleichzeitig auch unsere Putzfrau und ihr kam nichts besseres in den Sinn, als Oli’s Tarp, Regenschutz und einen ganzen Sack voll Kleider wegzuwerfen. Sehr dumm ist das Tarp. Dieses können wir nämlich sehr klever zu einer riesigen Tasche umfunktionieren, in welcher alle vier Radtaschen schön Platz darin haben. Genau jetzt vor dem Heimflug ist es weg! Wie weiter oben schon erwähnt, legen wir uns mit der Dame nicht besonders gerne an und so machten wir uns auf die Suche nach einer grossen (nein riesigen) Tasche für Oli. Diesmal suchten wir erst unser eigener Viertel ab. Alles (bis auf eine kleine Querstrasse) wurde genaustens inspiziert, aber keine einzige Tasche war gross genug. Also nahmen wir den Bus ins Stadtzentrum von Rio. Nach 30min kamen wir dort an und eine Stunde später hatten wir eine schön grosse Tasche. Zurück in Copacabana gingen wir diese eine Querstrasse, welche wir vergessen hatten hoch und was sahen wir? Drei Läden nebeneinander mit noch grösseren Taschen…! ARGH…!!!!!
Einen netten Nebeneffekt hatte das Ganze allerdings. Wir stellten im Zentrum nämlich fest, dass das Wetter toll ist und die Christus-Statue auf dem Corcovado frei von Wolken da steht. Eine Sensation, denn bisher verhüllte sich die schöne Statue immer. Dann nichts wie los! Diesmal war das Glück auf unserer Seite. Andere Reisende haben nämlich auch festgestellt, dass das Wetter gut ist und die Bahntickets zur Statue waren bis viereinhalb Stunden ausgebucht. Erst um halb sechs Uhr hätten wir die nächste Fahrt bekommen. Aber schon eine Sekunde später stand eine Dame da, welche und für drei Reais (CHF 1,50) Aufpreis (inkl. Rückfahrt per Bus) mit ihrem Auto nach oben brachte. Dort standen wir für das Ticket gut eine halbe Stunde an. Eigentlich hätten wir für den weiteren Bus, der dann effektiv zur Statue fährt nochmals anstehen müssen. Allerdings beobachteten wir bei der Ticketschlange mehrmals, wie andere vorne in der Schlange eingelassen wurden. Wieso sollten wir uns dann auch hinten anstellen, wenn andere vorne eingelassen werden? Also stellten wir uns ohne schlechtes Gewissen zu vorderst in die Schlange und innerhalb von einer Minute waren wir im nächsten Bus und schon standen wir oben.
Wie die Aussicht von da oben ist, müssen wir kaum erwähnen. Bestimmt hat schon jeder von Euch mindestens einmal ein Foto von da oben gesehen. Einfach gigantisch! Das Wetter war zwar bewölkt, doch das gefiel uns wesentlich besser als wenn der Himmel frei gewesen wäre. So hatte nämlich die Christus-Statue im Gegenlicht einen richtigen Heiligenschein und der Zuckerhut wurde von hübschen Wölkchen umgeben…
Milena entdeckte noch eine erschreckende Ähnlichkeit von Oli und der Statue. Naja, mal abgesehen von Oli’s Locken…
Die restliche Zeit verbrachten wir mit Geschenke einkaufen und sonstigen Stadtbummeln. Wir hörten so viele böse Geschichten über den Stadtteil Copacabana, aber uns kommt es ehrlich gesagt gar nicht gefährlich vor hier. Im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Grossstädten trauen wir uns hier auch ohne weiteres, Nachts herum zu laufen. Beim Stadtbummel wäre vermutlicher keiner auf die Idee gekommen, uns etwas zu klauen denn vor uns gingen meistens hübsch herausgeputzte Damen und Herren mit Dolce und Gabbana Taschen und die wären bestimmt zuerst dran gekommen.
Die zweitletzte Nacht durften wir dann in das 12er Zimmer umziehen. Dieses Zimmer teilten wir uns unter anderem mit einer brasilianischen Grossfamilie, welche aufgrund einer Hochzeit von Salvador nach Rio kam. Allen voran die Grossmutter! Sie bekam im Durchschnitt alle 20 Minuten einen unglaublich erschreckenden Hustanfall und unter lautem „hinaufziehen und röcheln“ spuckte sie dann alles in ein Becken neben ihrem Bett. Der Rest der Familie schnarchte wenigstens „nur“. Milena wurde unterdessen zur besten Freundin der Mama erkoren, weil sie ihr ein Armband schenkte. Da stand die ganze Familie (Papa und Sohn sturzbetrunken) um sie herum und redete und redete… Sie bekam dann zum Glück die Unterstützung eines Bolivianers, der Portugiesisch auf Spanisch übersetzten konnte. Wir hofften die ganze Nacht, dass sie Morgen wieder abreisen. Das taten sie dann auch mit der Begründung, der „Gringo“ (ein Norweger), der im dreistöckigen Bett oberhalb der Grossmutter schläft sei ihnen zu laut. Wir mussten uns das Lachen ja gar nicht verkneifen…
Aber wie sagte ein anderer Reisender einst in Quito zu uns: „Denkt immer, für Euch ist alles ein Erlebnis…!“
Unseren allerletzten Tag in Rio verbrachten wir mit Johannes, einem jungen Deutschen der uns beim verschachteln der Fahrräder erwischte. Auch er reiste schon per Fahrrad herum. Heute war ein strahlend schöner Sonntag (gut 32°) und Cindy, eine der beiden Frauen die wir damals in Costa Rica bei Sabrina in der Lodge kennengelernt haben riet uns sehr, den Hippie-Markt im Stadtteil Ipanema zu besuchen. Zufälligerweise wollte Johannes gerade auch dort hin und so schlenderten wir zu Dritt los. Der Markt war wirklich super schön und wir mussten uns sehr zusammenreissen, dass wir nicht zu viel einkauften (danke für den guten Tip Cindy!). Gegen Abend gingen wir noch einmal zum Strand, um natürlich noch ein paar seeehr typische Rio-Fotos zu schiessen…