“Autsch, da brennt mich etwas!!! Was ist das?” Unsere erste Bekanntschaft mit einer sogenannten “Heizung” war sehr amüsant. Völlig verdutzt schauten wir das kleine, warme Ding neben unseren Füssen an. Selbst bei –15 Grad hatten wir hier in Südamerika nie so Eines zu Gesicht bekommen, doch in der ersten Klasse des Zuges von Uyuni nach Villazon hat es tatsächlich eine Heizung!
Eigentlich wollten wir die Billigklasse buchen, doch der nette Mann am Schalter hatte nur noch in der ersten Klasse Tickets zu vergeben. Schlussendlich kostete es “nur” CHF 3.- mehr und wenn man so bedenkt, dass wir uns die erste Klasse in der Schweiz nie leisten könnten, kam uns das gerade recht…
Die Abfahrtszeit des Zuges war sehr bolivianisch: 02.50! Tatsächlich fuhr der Zug ratternd um 02.30 ein, das Gepäck wurde verstaut und der Zug fuhr auf die Sekunde genau pünktlich ab. In der neunstündigen Fahrt war sogar das Frühstück im nostalgischen Speisewaggon inklusive. Habt ihr das gehört, liebe SBB???
In Villazon kamen wir am Mittag an. Punkt 12.00 versteht sich… Dort bepackten wir unsere Velos und fuhren zur Grenze. Dort wurden wir zum ersten Mal seit unserer Reise gründlich auseinander genommen. Völlig genervt packten wir alles wieder auf und fuhren zum Busterminal in La Quiaca. Eigentlich hätten wir hier eine Nacht verbringen wollen, doch beim Angesicht dieses chaotischen Grenzortes wollten wir nur noch schnell weg hier! Eine Stunde (und einen Preiskampf um den Transport unserer Räder) später sassen wir schon im Bus Richtung Salta. Weitere neun Stunden vergingen. Nach 200km wurde unser Bus von der Polizei gestoppt. Wir durften erneut all unser Gepäck nehmen und zur Kontrolle anstehen. Du meine Güte, wenn das so weiter geht…
Jedenfalls zeigte sich Argentinien bereits um die nächste Kurve von seiner schönsten Seite. Eine kleine Wildwestlandschaft bestehend aus roten Felsen, Canyons und Bergen sorgte dafür, dass wir bis Sonnenuntergang am Fenster klebten und fotografierten.
Um 01.00 kamen wir schliesslich in Salta an. Eigentlich wollten wir das erste Hotel in der Nähe nehmen, doch eigentlich kam uns der nächtliche Stadtspaziergang durch die dunklen Gassen gerade recht. Die Argentinier sind sehr aufgestellte Vampire. Morgens um halb zwei grüsste uns freundlich eine Frau, die gerade den Müll hinaus brachte. Dafür, dass es mitten in der Nacht war, waren da ganz schön viele Leute mit irgendetwas beschäftigt…
Es war wunderbar warm und wir genossen den Spaziergang nach den 18h Zug- und Busfahrt. Eine Gruppe Jugendlicher, sehr hysterischer Mädchen kreischten bei unserem Anblick los und kamen auf uns zu. Fragen um Fragen mussten erst beantwortet werden und Milena stellte erfreut fest, dass jedes zweite Mädchen blond war. Juhui… Endlich keine “Gringo” Rufe mehr!!! In diesem Moment hielt ein Pick-Up neben uns und ein Mann reichte uns ein Flyer. “Ihr seht müde aus, ich habe ein Hostal gleich um die Ecke. Ich mache euch einen Spezialpreis.” Na das liessen wir uns nicht zweimal sagen. Tatsächlich bekamen wir ein Zimmer zum halben Preis bei ihm. Und was für Eines! So eine Dusche kann man sich echt nur wünschen und sogar aus dem Wasserhahnen kam warmes Wasser! Grundsätzlich wollen wir hier in Argentinien unsere nächtlichen Zuhause nämlich lieber auf das Zelt beschränken, denn die Hostals sind echt teuer und unser Budget ist halt klein. Aber bei so einem Angebot morgens um 02.00 konnten wir einfach nicht nein sagen!
Am nächsten Morgen wollten wir voller Tatendrang Salta besichtigen. Unser Gastgeber stellte uns das Frühstück schon bereit und wir konnten gleich los futtern. Für alle, die hinter uns her reisen: Das Hostal heisst “Condor Pass” (an der Urquiza) und ist wirklich der Hammer!
Jedenfalls kam der grosse Schock dann bereits vor unserer Türe. “Du meine Güte, die sind ja alle so modern angezogen! Wir sehen aus wie die letzten Bauern!” Das war aber noch lange nicht alles. Salta ist sehr europäisch angehaucht. Eine kleine Mischung aus Italien und Frankreich. Die vielen teuren und schicken Läden überforderten uns gleich ein wenig. Das ging einfach zu schnell. Gerade waren wir noch in Bolivien gut 100 Jahre zurückversetzt und dann das! In der Schweiz gehören wir zu der Sorte Mensch, welche auf dem Gehsteig sehr schnell gehen. Hier drängten sich alle links und rechts an uns vorbei und wir wussten gar nicht mehr, wohin wir sollten. Als erstes gingen wir dann zum grossen Plaza Central, kauften uns eine Cola und beobachteten das Treiben von einer Bank aus eine Weile. Ein totales Gemisch an Menschen gibt es hier. Schwarze, blonde und rote Haare… Alle schick angezogen und jeder zeigt offenbar sehr gerne was er hat. Hin und wieder aber sahen wir auch Gauchos mit Reitstiefeln, Lederhosen und gewaltigen O-Beinen. Nach dieser halben Stunde auf der Bank im Park setzte dann sofort die grosse Euphorie ein. Wir durchstöberten wirklich jeden Laden in der Stadt und konnten uns ab den tollen Sachen gar nicht mehr erholen. Kalebassen in tausenden verschiedenen Arten (daraus wird der in Argentinien allseits beliebte Mate getrunken) und die Lederwaren sind kaum noch zu toppen. Wir stürmten in den nächsten Pferdeshop und fanden wunderschöne Ledersättel, Zaumzeuge, Taschen und und und… Hier kann man Leder zu absoluten Toppreisen kaufen. Dasselbe gilt für Fleisch. In Argentinien kann man sich durchaus günstig verpflegen, indem man halt einfach viel (bzw. nur) Rindssteaks isst. Das taten wir dann auch sofort und selbst in den kleinen Kneipen ist das der Wahnsinn! Und hier ist es so wunderbar warm! Endlich wieder T’Shirts und kurze Hosen! Überall hört man fetzige Musik dröhnen und die kleinen Bäckereien verkaufen leckere Croissants. Dank den Italienischen Einwanderer gibt es hier auch ausgezeichnetes Eis. In einem Restaurant mussten wir aber laut lachen, als eine Kakerlake an der Wand über die Hygienezertifikate des Restaurants rannte.
Park in Salta
Nach zwei Tagen akklimatisieren setzten wir unserem Busmarathon mit einer 18 stündigen Busfahrt fort. Abends um 22.00 fuhren wir los Richtung Mendoza. Bereits am nächsten Morgen wurde unser Bus von der Polizei gestoppt. Zwei Polizisten kamen herein und da wir dummerweise gerade bei der Treppe sassen und zudem auch noch Ausländer waren, durften wir auch gleich als Opfer dienen. “Raucht ihr?” “Ja Zigaretten schon!” Darauf hin durften wir mit unserem Handgepäck aussteigen, und wurden kräftig befragt und unsere Zigarettenpackungen wurden von den Beamten beschnüffelt. Die sollen sich hier mal Labradore zutun, das sind nämlich schnelle und präzise Drogenfinder…! “Raucht ihr Haschisch?” “Natürlich nicht!” Daraufhin lachte einer der Beiden. Das wiederum fanden wir gar nicht lustig. “Hört mal! Wir haben da im Bus zwei Fahrräder und damit reisen wir seit Costa Rica umher. Es ist schon mit Zigaretten streng genug und mit Haschisch wäre es so ziemlich unmöglich. Sowas können wir echt nicht gebrauchen!” Schweigen… “Fahrräder?” Wir rechneten eigentlich fest damit, dass wir nun alles aus dem Bus schrenzen müssen, doch überraschenderweise liessen sie uns wieder gehen. Da sagte doch einer im vollen Ernst zum anderen: “Und, was meinst du, sollen wir den mit der roten Jacke vor dem Klo auch noch auseinander nehmen?” “Nein nein, der schläft…” Da waren wir nun völlig paff. So läuft das also, wir müssen schlafen! Den Jungs war einfach stinke langweilig und da kommen zwei Touris gerade recht. Erinnert uns also schon sehr an Zürich. Vor allem, weil da auch fast nur Ausländer gefilzt werden… Jedenfalls stellen wir uns von nun an schlafend der Polizei…
In Mendoza kamen wir um 16.00 am nächsten Nachmittag an. Obwohl wir hier nur noch auf 750müM sind, war es deutlich kälter als in Salta. Wir fuhren einmal quer durch die Stadt und wollten eigentlich zu einem Zeltplatz ausserhalb der Stadt. Vor dem grossen Park stoppte uns allerdings ein netter Mann. “Wenn ihr hier durch wollt müsst ihr unbedingt wissen, dass einen Kilometer weiter vorne ein riesiges Fussballstadion ist und in 40 Minuten ist das Spiel fertig und dann ist hier die Hölle los!” Wir drehten auf der Stelle um. In Argentinien ist wohl mit aufgebrachten Fussballfans echt nicht zu spassen und damit wollten wir lieber keine Erfahrungen sammeln. So nahmen wir das günstigste Hostal, das wir fanden und auch das war teuer. CHF 15.- pro Person im Schlafraum ist gleich einmal ein ganzes Tagesbudget für uns drauf gegangen… Morgen jedenfalls wechseln wir dann auf den Zeltplatz!
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