Den letzten Abend in Mendoza wurde natürlich noch einmal kräftig grilliert. Unglaublich wie günstig und gut das Fleisch hier ist!
Voller Freude holten wir unseren neuen Reisekameraden ab. Ein schneeweisser Toyota Hilux von 2011. Die Übergabe war problemlos und die Papiere für den Grenzübertritt waren vollständig. Wir beluden den Pick-Up randvoll und fuhren los.
In unserem Reiseführer steht, dass nur solche Menschen mit überdurchschnittlicher Reaktionsfähigkeit, mit Augen im Hinterkopf und mit extrem starken Nerven in Argentinischen Grossstädten fahren sollten. Da ja Oli alles besitzt, fuhren wir unbeirrt los. Und so schlimm war es nun auch wieder nicht.
Ständig mussten wir anhalten, weil die Landschaft so wunderschön war. Berge in allen Farben und Formen präsentierten sich bei schönstem Wetter. Auch der allergrösste unter ihnen, den 6962m hohen Aconcagua, sahen wir in seiner vollen Pracht. Das ist der grösste Berg des amerikanischen Doppelkontinents und der Grösste der südlichen Hemisphäre. Zudem noch der Grösste ausserhalb Asiens. Ja, der bricht einige Rekorde…
Grenztunnel Argentinien/Chile
Dann kam auch schon die chilenische Grenze. Dort gab es ausser einer Avocado, welche Milena im Gepäck hatte keine Schwierigkeiten. Die hatten ausnahmsweise sogar einen Labrador! Dann fuhren wir direkt in die Hafenstadt Valparaiso.
Wir hatten weder eine Karte, noch einen Reiseführer von Chile und das wurde uns in Valparaiso auch gleich zum Verhängnis. Wir fanden keinen Campingplatz und somit suchten wir uns ein günstiges Hostal, welches wir auch schnell gefunden hatten. Als es dunkel wurde, gingen wir noch kurz hinunter in die Stadt, um etwas zu essen zu organisieren. Auf dem Weg wurden wir zweimal gewarnt, dass wir zurück besser ein Taxi nehmen, der Viertel ist wohl nicht gerade der angenehmste. Nach dem Einkauf gingen wir zur Plaza und wir fühlten uns tatsächlich überhaupt nicht wohl. Darum steuerten wir auch geradewegs auf ein Taxi zu. Der Taxifahrer öffnete die Türe und Milena wollte gerade einsteigen, da passierte es blitzschnell. Zwei junge Männer, ca. 22 Jahre alt, kamen mit einem Messer angerannt und schnitten in sekundenschnelle Milena’s Handtasche durch. Aus Reflex rannten wir ihm beide sofort nach, Milena wurde allerdings von seinem Komplizen dann relativ schnell gestoppt. Er packte sie am Arm und in seiner rechten Hand hielt er ein Messer. Es sah zumindest aus wie eines (es glitzerte silberig), vielleicht wollte er ihr aber auch bloss eine Rolex schenken… Jedenfalls gab auch Oli dann auch auf, denn die Jungs rannten in ein ziemlich übles Barrio (Viertel). Völlig aufgebracht gingen wir zurück zum Taxifahrer, welcher auch schon die Polizei gerufen hatte. Oli entdeckte, dass Milena Blut am rechten Ärmel ihrer Jacke hatte. “Das ist nicht meins, der Depp hat sich selber geschnitten…” In dem Moment konnten wir darüber noch nicht lachen, aber (ihr könnt es euch sicher gut vorstellen) danach konnten wir uns deshalb kaum noch erholen… Nach gut 20 Minuten kam die Polizei und sie nahmen uns gleich mit auf den Polizeiposten. Dort wurde uns ein Formular ausgestellt, wo alle geklauten Sachen aufgelistet wurden. Das waren zum Einen ihr Pass, welchen sie sonst nie dabei hat, aber wegen dem Grenzübertritt am Nachmittag eben blöderweise schon, die Travel-Cash Karte, Bargeld (chilenisches und dummerweise noch argentinisches) von insgesamt knapp CHF 100.-, ID-Karte, Handy, Migrationskarte und (sehr dumm) wichtige Fahrzeugpapiere des gemieteten Autos. Mit diesen Papieren kommen wir mit dem Auto über die Grenze und unser Fahrzeugvermieter mahnte uns, eben dieses Original ja nicht zu verlieren. Nun, gerade einmal 12h später hatten wir dieses Dokument nicht mehr…
So sassen wir ohne etwas bei der Polizei und nahmen ziemlich deprimiert den Schein entgegen, da entdeckte einer der vier Polizisten das Blut an Milena’s Ärmel und Händen. “Sag mal, hast du den Kerl in den Schwitzkasten genommen und ihn verprügelt?” “Na klar, und wie…!” Der ganze Polizeiposten lachte daraufhin.
“El lindo Valparaiso…”
Die Polizei brachte uns dann zurück zum Hostal. Am nächsten Morgen fragte uns die nette Dame vom Hostal, ob uns gestern etwas zugestossen sei. Wir seien so spät nach Hause gekommen. “Nein, nein… Valparaiso ist sooo schön, dass wir kaum noch zurück wollten…” Die Frau wäre mindestens ohnmächtig geworden, wenn wir ihr das erzählt hätten. Wir bepackten unseren Pick-Up, verabschiedeten uns von der traurigen Dame (sie mochte uns sehr), umarmten sie und flitzten dann auf dem schnellsten Weg nach Santiago de Chile…
Eigentlich wollten wir nicht per Auto in die Millionenstadt fahren, aber der Gang zur Schweizer Botschaft machte diesen Abstecher unumgänglich. Allerdings besassen wir noch immer keine Karte und nichts von Chile. So fuhren wir einfach geradewegs ins Stadtzentrum, suchten ein Parkhaus und zum ersten Mal (wir tun das gar nicht gerne) suchten wir als erstes die Touristeninformation auf. Dort bekamen wir einen Stadtplan, doch man kann nicht einfach so zur Schweizer Botschaft fahren. Die wollen erstens Termine haben und zweitens haben sie eh nur 2h am Tag geöffnet. So suchten wir ein Telefon und riefen die Botschaft an. Cristian war am Telefon sehr nett und dank Milena’s Charme durfte sie ihren neuen, provisorischen Pass bereits am nächsten Morgen abholen. Wir hörten von Deutschen und Franzosen, dass sie 7-10 Tage warten mussten. Dies hätte uns glatt den patagonischen Traum versaut…! Cristian aber verstand unser Dilemma und machte sich umgehend an die Arbeit. Wir sollen am nächsten Morgen eine Stunde vor der normalen Öffnungszeit bei der Botschaft sein. Er sei dann da. Wow, nicht schlecht! Zudem musste die Travel-Cash Karte gesperrt werden. Die Karte ist zwar mit Pin und praktisch unmöglich zu knacken, aber man weiss ja nie! Allerdings funktionierte das vom öffentlichen Telefon aus nicht. Milena’s Mutter hat von der Schweiz aus ihren Telefonvertrag sofort sperren lassen. Gerade einmal 4h nachdem es ihr geklaut wurde! Vielen Dank nochmals für diesen Einsatz!
So suchten wir uns wieder ein Hostal und landeten geradewegs bei ein paar Schweizer. Wir kapierten es erst gar nicht, aber es hiess ja auch Patio Suizo… Dort wurden wir herzlich empfangen und bekamen einen Laptop zum Skypen. “Ah, wart ihr im sooo hübschen Valparaiso?” Jeder wusste bescheid, nur wir nicht. Naja, jetzt wissen wir es auch…! Leider aber konnten wir die Travel-Cash Karte auch per Skype nicht sperren, hinterliessen aber eine Nachricht. Am nächsten Morgen war auch dies erledigt und das Geld ist noch alles vorhanden. Jetzt mussten wir nur noch die Geschichte mit den so wichtigen Dokumenten für das Auto erledigen.
Am nächsten Morgen gingen wir zur Schweizer Botschaft. Das war ja spannend. Erst wollte ein Mann einen Ausweis haben, aber den hat sie ja nicht mehr. So telefonierte er und sie durfte zum Aufzug. Wenn man in dem Aufzug die Nummer 14 drückt, löscht die Lampe gleich wieder ab. Erst muss nochmals telefoniert werden, dass da zwei in die Botschaft kommen und Cristian oben musste dann unser Lift bestätigen. So kamen wir in den geheimnisvollen 14. Stock… “Oh, wart ihr im sooo hübschen Valparaiso?” Jaja, schon gut… Cristian war ein sehr lustiger Kerl und er hatte tatsächlich alles schon parat. Alles ausser Milena’s Foto. Dafür hat man hier einen eigenen Fotoautomaten und Milena sass in der Kabine und Cristian sagte was sie tun musste. Ein paar Faxen konnte sie sich da natürlich nicht verkneifen. Nach nur 20 Minuten hatte sie ihren Pass. Dazu kann man echt nur WOW sagen…!
Danach fuhren wir zum Autovermieter, welcher hier auch eine Filiale hat. Zum Glück wählten wir den Chilenischen! “Ah, qué lindo Valparaiso…!” Ok, wir dachten wirklich, dass dies eine romantische Hafenstadt ist, aber man hätte uns schon etwas früher warnen dürfen…! Erst verstand er gar nicht, um was es geht und telefonierte nach Mendoza. Dann machte er diverse Kopien von den bereits abgestempelten Papieren und plötzlich war das Original gar nicht mehr so wichtig. Das werden wir dann aber erst beim nächsten Grenzübertritt feststellen…
Nach nur 30h war alles erledigt und wir sassen schon im Auto Richtung Patagonien. Die Sache ist gestrichen, abgehakt und vergessen. Auf die Frage zweier Putzfrauen, ob wir nun ein schlechtes Bild von Chile haben beantworteten wir getrost mit NIEMALS! In der Schweiz kam uns schon wesentlich mehr abhanden und man weiss nie, was sie da wollen. Diese Jungs wollten nur unser Geld und diesmal haben sie es auch gekriegt. Voller Vorfreude stiegen wir in unser Auto und kurvten Richtung Patagonien. Erst aber mussten wir den Weg hinaus aus der riesen Stadt finden…
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