30.08.2011

Puno (Peru)-La Paz (Bolivien)

“Was in aller Welt tun die da???” Mehrere Indiofrauen übergossen den Boden vor den sieben Gräbern auf dem Cerro Calvario (Kalvarienberg) mit Wachs, zündeten den Wachs an, leerten heisses Wasser darüber und wischten das Zeugs danach mit Ästen weg. Völlig verdutzt schauten wir dem regen Treiben zu. “Hexenzauber, ganz klar!” In diesem Moment kam eine ältere Frau auf den Aussichtspunkt oberhalb des Titicacasee’s und sagte zu uns:” Oh mein Gott, dieses Panorama! Vater Gottes, ich danke dir…!” Dann brach sie in Tränen aus. Von dem Moment an bestand keine Zweifel mehr. Wir sind in Bolivien!!!

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Das wird wohl nicht unser letzter Hexenzauber und Gefühlsausbruch gewesen sein. Die sehr emotionalen und gläubigen Bolivianer sind mit ihren Heilmittelchen und Zaubereien bekannt. Es gibt ganze Hexenmärkte und diverse Heiler im Land. Wir sind in Südamerikas ärmsten Land angekommen und fühlten uns wieder auf Anhieb wohl. Aber der Reihe nach:

In Puno fuhren wir zum Busterminal und wollten uns Frühstück kaufen. “Oli, wie viele Bananen magst du?” “Zwei!” “Chasch mir grad au eini geh?” tönts von der Seite.. Hä…? Erika, eine 22 jährige Schweizerin will nach Santa Cruz fahren, um in einem Projekt zu arbeiten. Sie fuhr mit demselben Bus nach Copacabana wie wir. Erika hatte auch die wohl lustigste Überfallgeschichte parat, die wir je gehört hatten: Sie wurde in Cuenca (Ecuador) mitten in der Nacht vom Taxifahrer am falschen Ort abgesetzt. Draussen standen schon zwei Männer bereit. Erika hatte ihren Tramper auf dem Rücken, den kleinen Rucksack mit Laptop, Kamera etc. vorne und ihren Lonely-Planet Reiseführer in der Hand. Einer der Männer wollte ihr den vorderen Rucksack wegreissen. Er konnte ja nicht ahnen, dass die eher zierliche, junge Frau etwas schlecht geschlafen hatte. Jedenfalls schlug sie mit ihrem Reiseführer so lange auf die Diebe ein, bis diese flüchteten. Immerhin dauerte die Prügelei ganze 5min und zum Schluss hatte sie sogar ihr Bein bei den Rucksackträgern eingehängt, damit er den ja nicht klauen konnte. Das lustigste an der Geschichte ist, dass der Dieb ihr nur Ricola-Zältli geklaut hatte. Wenn man aber Erika genauer kennenlernt ist es ein ziemliches Wunder, dass sie den Dieben wegen der Zältli nicht noch nachgerannt ist…

Die Bolivianer wollten beim Grenzübergang als erstes Land unserer Reise mit dem Visum etwas knauserig sein. 30 Tage! “Ja aber sie…wir können doch so ein grosses Land nicht in 30 Tagen per Fahrrad bereisen…”, meinte Milena empört. Schon bekamen wir einen 60-Tage-Stempel in den Pass. Erika auch, aber eigentlich will sie 5 Monate bleiben…

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IMG_4259 IMG_4295 Copacabana

IMG_4284 Copacabana und Titicacasee

Zusammen mit Erika gingen wir dann eben auf diesen Kalvarienberg und genossen die tolle Aussicht da oben. Unten am Hafen fanden wir noch das Wohnmobil von Ursi und Peter. Eigentlich wollten wir da Nachts etwas rütteln gehen, doch die Beiden waren schneller und erwischten Milena, als sie Nachmittags aus dem Internetkaffee kam. Abends gingen wir noch etwas essen. “Du meine Güte, spinnen die? Ist das teuer hier in Bolivien!” Der Grenzübergang ging uns wohl etwas zu schnell, denn wir rechneten noch immer in der peruanischen Währung “Soles”. Es brauchte eine Weile bis wir merkten, dass Bolivien unfassbar günstig ist. Hatten wir beim Soles noch durch drei rechnen müssen, können wir jetzt durch 10 rechnen. 30 Bolivianos sind jetzt also nicht mehr 10.-, sondern 3.- und ein 3-Gang Menu für 1,50 ist nun wirklich günstig! Leider waren wir Beide mal wieder etwas lädiert. Oli zog sich im Buscockpit in Peru die schlimmste Erkältung (mit Fieber) seit langem ein und steckte natürlich Milena an. Nur kam es bei ihr dann erst in La Paz. Wir schliefen am nächsten Morgen sehr lange und nahmen dann den Bus nach La Paz. Unterwegs hiess es aussteigen und unser Reisebus wurde auf einem Floss über eine Engstelle des Titicacasee’s geschippert. Wir fuhren per Boot hinüber und konnten auf der anderen Seite wieder einsteigen. Sah lustig aus, wie da Auto’s und Reisebusse in Schräglage darüber gefahren wurden…

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In La Paz wurden wir natürlich nicht am Busterminal, sondern auf der anderen Seite der Stadt ausgelassen. Zwischen hupenden Collectivos und rumstehenden Menschenmengen fuhren wir im Slalom zu unserem Hostal.

Den nächsten Tag unternahmen wir ausser Spaghetti essen nicht viel. Milena liegt nun auch flach und wir legten einen “Hängertag” ein. Daraus wurden dann aber doch zwei und als wir wieder fit waren, verabredeten wir uns mit Ursula und Peter zum grillieren auf dem Campground. Dazu fuhren wir knapp 40min Taxi für umgerechnet 3.-! Die Beiden organisierten ein leckeres, argentinisches Rinds-Filet und wir fanden eine Schweizer Bäckerei mit gutem Brot und Salat mit echter Salatsauce! Auf dem Campground war noch eine Familie aus Frankreich, welche mit ihren zwei Jungs (4 und 7 Jahre alt) für 18 Monate im Wohnmobil herumreisen. Diese kamen von Süden her und hatten einige wertvolle Tipps parat für uns. Lustiger weise imponierten denen das Rindsfilet nicht so, denn sie kommen ja gerade aus Argentinien. Wir allerdings flippten fast aus ab dem leckeren Fleisch und dann noch der Salat…! Da können wir uns wohl auf Argentinien freuen…

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Zurück im Hostal sahen wir plötzlich zwei, statt nur noch ein Motorrad im Patio stehen. Wir müssen wohl nicht mehr erwähnen, dass Uwe da ist!!!

Mit Adam und Uwe gingen wir am Sonntagmorgen lecker essen. Da Sonntag war, wollten wir uns etwas gutes leisten. Es war für CHF 4.- zwar etwas “teuer”, doch das war das beste Frühstück, was wir in den letzten acht Monaten bekamen…

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Auch der Besuch des berühmten “Hexenmarktes” ist in La Paz ein absolutes Muss. Da hängen Lama-Föten herum und es gibt jegliche Heilmittelchen und speziell gemixte Getränke. Probiert haben wir sie nicht, denn unser verweichlichter, europäischer Magen könnte das nicht so gut ertragen…

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Auch trafen wir hier unseren alten Radler-Freund Oscar, den wir in Trujillo kennengelernt hatten wieder. Mit dem Kolumbianer aus Cali gingen wir noch Kaffee trinken und libanesisch Essen. War ziemlich lustig, denn Oscar hat einen sehr lustigen Humor.

Am Dienstag wollten wir die “Calle de la muerte” fahren. Diese “gefährlichste” Strasse der Welt führt spektakulär am Berghang von den Schneebedeckten Gipfeln der Anden hinunter in den tropischen Regenwald. Wir wollten dann eigentlich per Bus auf den höchsten Punkt (4800müM) fahren, dann hinunter in die Yungas flitzen und in Coroico übernachten. Wir schafften es dann aber nicht einmal von La Paz weg. Das Problem war nämlich, dass nur ein ganz kleiner Bus einmal die Stunde da hin fährt und da in Bolivien Ferienzeit ist, wollten natürlich hunderte Leute nach Coroico fahren. In einem Bus haben leider lediglich rund 12 Personen Platz und nach 4h Kampf gaben wir dann auf. Da war auch schon fast Mittag und wir hätten so unseren Plan gar nicht mehr umsetzen können. Aber trotzdem wollten wir uns diese Traumstrasse nicht entgehen lassen und machten etwas ganz untypisches für uns: Wir buchten eine geführte Tour mit Mountainbikes! Morgen geht es los und wir sind schon ganz gespannt…

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