14.10.2011

Coyhaique-El Calafate

 

Unser Lieblingsschild “Fin de Pavimiento” (Ende des Asphaltes) kam ziemlich bald nach Coyhaique. Der Unterschied ist jeweils sehr krass; von einer exzellenten, doppelspurigen, feinen Teerstrasse beginnt eine unglaubliche Rumpelpiste wo man dem Entgegenkommenden gezielt ausweichen muss. Der Gegenverkehr allerdings hielt sich schwer in Grenzen und beschränkte sich auf lediglich rund 20-30 Autos pro Tag. Wir lernen also relativ wenige Chilenen kennen…

Lange fuhren wir dem Lago General Carrera entlang wieder durch sehr unscheinbare Dörfer. Ein Anblick der Superlativen bot zum Schluss des Tages der legendäre Rio Baker, der wasserreichste Fluss Chiles. Türkisblau-Schimmernd schlängelt er sich durch das Tal. Ein wunderschöner Anblick!

IMG_4906  Rio Baker

In Cochane übernachteten wir in einer Residencia. Waren die sogenannten Residencias in Kolumbien noch heruntergekommene Stundenhotels, sind es hier Familienunterkünfte bei Privatleuten mit angenehmem Ambiente und tollem Frühstück. Zudem nebst dem zelten die günstigste Variante hier in Chile zu übernachten. Wir ziehen zwar immer noch unser eigenes Zuhause (bzw. unser Zelt) vor, doch es war definitiv mal wieder Zeit für eine warme Dusche.

Wir wählten mal wieder eine Strecke, über die wir gar nichts wussten, ausser dass sie uns wieder nach Argentinien bringen sollte. Beschrieben war sie in keinem unserer Reiseführer. Laut unserer Unterkunftgeberin sollte es aber keinen Schnee dort geben. Also fuhren wir 17km am Rio Baker entlang wieder zurück und bogen dann ins Inland ab. Die folgende Strecke überbot alles bisher Gesehene und ist für alle hinter uns (insbesondere für Ursi, Peter und Uwe) ein absoluter Tipp!!!:

Für die 78km von der Abzweigung zum chilenischen Zoll “Entrada Baker” brauchten wir den ganzen Morgen. Nebst hunderten von Guanakos, der vierten Kleinkamelart Südamerikas (ähnlich wie das Vicuña, nur sehr viel grösser) und die Einzige, die wir bis anhin nur sehr selten angetroffen hatten, fanden wir natürlich auch viele Kühe, Schafe, Strausse und Pferde, welche zu den weiss nicht wie vielen Kilometer entfernten Estancias gehören. Dazu kamen aber auch unzählige Wildtiere dazu wie Kondore, Füchse, Gürteltiere und Flamingos. Tiefblaue Lagunen, Scheebedeckte Berge, Türkisblaue Flüsse und farbige Tafelberge überraschten uns um jede Kurve. Drei Gürteltiere bekamen wir noch zu Gesicht, wovon uns eines geradewegs vor das Auto rannte. Nur Dank einer Vollbremsung kam es ungeschoren davon. Füchse hatte es auch jede Menge, sowie Vögel und Hasen. Die Tiere waren gar nicht so scheu, aber uns kamen auf dieser Strecke auch nur zwei Autos entgegen und das dürften Zöllner gewesen sein, die zur Arbeit fuhren. Die Tiere waren auch dementsprechend überrascht, als wir mit unserem Toyota kamen und schauten uns höchstes etwas empört an… Aber auch hier beschreiben Bilder mehr als Worte:

 

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Der absolute Höhepunkt boten natürlich die Kondore, unmittelbar nach der chilenischen Zollabfertigung auf dem Weg zur argentinischen. Milena entdeckte ein schöner Tafelberg und wollte unbedingt ein Guanako vor diesem Berg fotografieren. Also fuhren wir im Schritttempo, doch die blöden Viecher zeigten sich immer nur von hinten. Um die nächste Kurve sahen wir zwei riesige Vögel auf einem Stein sitzen. Milena: “Oli! Halt an! Das sind Kondore!” “Nein, das sind Aasgeier.” Wir fuhren vorbei und weiter vorne standen auf einem weiteren Stein nochmals rund fünf dieser Vögel. Spätestens als einer der Vögel seine Flügel spreizte, war es ganz klar: Kondore! Diese Grösse ist unverkennbar! Sekunden später spreizten alle Kondore keine 10m von uns entfernt ihre Flügel, hoben (offenbar dank des starken Windes) ab in die Luft und kreisten neugierig einige Runden über unsere Köpfe. Zu Milenas Glück konnte sie drei davon genau vor dem schönen Berg fotografieren. Danach konnten wir uns bis am Abend nicht mehr erholen. Da denkt man, mit dem Cruz del Condor war’s dann mit den Riesenvögel, die sieht man sonst nur sehr selten und dann das! Unglaublich! Die Kondore lauerten anscheinend auf die jungen, neugeborenen Lämmchen. Hier ist nämlich gerade Frühlingsanfang und jedes Schaf hat ein Junges bei sich. Ein Kondor kann durchaus auch ein erwachsenes Schaf erledigen, doch die Jungen wären natürlich eine sehr einfache Beute gewesen. Eigentlich ist der Kondor ein Aasfresser, aber gegen Hunger macht er davor nicht halt. So wie sie auf den Steinen sassen lauerten sie eindeutig auf die Schafe.

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Zu guter Letzt kam um eine Kurve auch noch eine türkisblaue Lagune mit Schneebedeckten Bergen. Ein wahnsinns Anblick!

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In dem Ort mit dem herzigen Namen Baja Caracoles trafen wir wieder auf die Rute 40. Vom Paradies in die Hölle wie die nachstehenden Fotos zeigen!

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Weiter auf der Rute 40 trafen wir nach 150km Fahrt durch das Nichts einen Fussgänger, der Autostop machte. Wir hielten an und der junge Mann stellte sich als Österreicher heraus. Leider wollte er aber in die andere Richtung, sonst hätten wir ihm natürlich sofort Platz geschaffen. Hier ist der Verkehr so rar, dass der Mann wohl oder übel zelten musste. Wir erkundigten uns nach seinem Wohlergehen und er witzelte über die einsame Strasse. Er hat ein Zelt und Essen dabei und das reicht auch. Es schien ihm auch überhaupt nichts auszumachen, dass er 150km Nichts vor sich hatte und so fuhren wir weiter.

Die Rute 40 ist wie schon einmal erwähnt das Traumziel für viele Abenteuerlustige auf der ganzen Welt. Wir bezeichnen sie allerdings lieber als Höllenstrasse, denn sie ist wirklich brutal! Sie wird vermarktet wie blöd und dementsprechend sind hier auch viele Bauarbeiter am Werk, denn die Regierung will sie von Nord bis Süd (immerhin gut 4500km) geteert haben. Für uns hiess das rund 500km Baustelle mit der langweiligsten Landschaft der Erde. Immerhin sorgten halsbrecherische “Desvio’s” (Umleitungen) für etwas erhöhtes Adrenalin. Jedes mal, wenn wir das Schild “Desvio” sahen, hielten wir die Luft an. Was meistens kam, war eine der furchtbarsten Pisten überhaupt. So etwas per Fahrrad zu machen wäre einfach nur der absolute Wahnsinn! Dazu kommt noch die todlangweilige Landschaft, die immerhin bis kurz vor El Calafate gleich aussieht. Erst bei der Abzweigung nach El Chaltén gibt es ein Bilderbuch-Panorama mit Blick auf den spektakulären Fitz Roy. Der allerdings hüllte sich fast ganz in eine Wolke…wie fast immer…!

DSCF8431  Rechts vor dem Tafelberg wäre der Fitz Roy…

Kurz darauf hielten wir am Strassenrand wegen eines um Hilfe bittenden Motorradfahrers. Der Mann aus Schweden hatte das grosse Pech und hatte gerade hier weitab jeglicher Zivilisation einen Riss im Pneu und konnte nicht mehr weiter fahren. Wir boten ihm an, ihn bis nach Calafate mitzunehmen, doch er wollte sein Motorrad verständlicherweise nicht hier draussen stehen lassen. Leider konnten wir das riesige Motorrad auch nicht auf unseren Pick-Up laden. Er wollte dann weiterhin warten, bis evt. ein LKW kommt der ihn und sein Motorrad mitnehmen konnte. Von einem Paar aus England, die mit einem ziemlich clever umgebauten Wohnmobil hier auf dem Campingplatz sind konnten wir erfahren, dass die Beiden ihm zum Glück helfen konnten und er nun auch irgendwo hier in Calafate ist. Dies machte uns deutlich, dass man hier besser keine Panne hat…

In der netten Stadt El Calafate fanden wir dann einen sehr schönen Campingplatz. Dort merkten wir auch schnell, was es mit dem Wind hier in Patagonien so in sich hat indem wir unsere frisch gewaschenen Unterhosen auf dem ganzen Platz verteilt zusammenlesen durften. So ein Lothar, wie er im Dezember 2000 durch die Schweiz fegte, gibt es hier jeden Tag. Wenn auch (noch) ohne Schnee…

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