14.10.2011

San Carlos de Bariloche-Coyhaique

 

Mehrmals versicherte der Campingplatzbesitzer, dass der Pass über Futaleufu per Auto nicht befahrbar ist. “Da ist ein Fluss und dann ein See, da fahren nur kleine Boote nach Chile.” Na toll, jetzt müssen wir aber nicht schon wieder alles zurüch nach Entre Lagos…?!? Laut Karte aber gibt es eine Schotterpiste über die Grenze nach Futaleufu und dementsprechend fuhren wir los in diese Richtung. Bereits am Mittag trafen wir in der sehr sympatischen Kleinstadt El Bolson ein und da es so nett war, suchten wir uns auch gleich einen Platz zum Zelten. Die Zeltplätze hier sind wirklich super, aber momentan sind wir offenbar die einzigen hier, die zelten möchten. Nach der Meinung der Einheimischen ist es nämlich noch viel zu kalt zum zelten, doch eigentlich ist es gerade angenehm. Es ist nie drückend heiss im Zelt und im Schlafsack ist es gerade richtig warm. Jedenfalls ist die Zeltplatzsuche in Argentinien weitaus einfacher als in Chile, aber dazu kommen wir dann später.

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See und Vogel in SanCarlos de Bariloche

Am nächsten Morgen wollten wir tanken gehen, doch der Tankstellen-Bediener hatte schlechte Neuigkeiten für uns: “Wir haben kein Diesel, in ganz El Bolson nicht…!” Na gut, dann fuhren wir halt einfach weiter nach Esquel, dazu reichte der Sprit gerade noch. Die Strecke dorthin war anfangs sehr schön mit vielen Seen und Bergen, danach typisch Patagonisch. Eine windige Ebene, in der nichts wächst. Wie eine Schnur zieht sich die Teerstrasse durch die karge Landschaft und nur zwei kreisende Kondore weit oben sorgten für eine Abwechslung.

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Die erste Tankstelle hatte das gleiche Problem, kein Diesel. Bei der Zweiten allerdings sahen wir einige Dieselfahrzeuge beim Anstehen an der Zapfseule. Wir mussten bei dem Anblick lachen, wie sich die gut 4 Pick-Up anstellten und wir fuhren hinter dem letzten auf. Ein Polizist kam an und meinte: “Entschuldigung, aber sie müssen sich hinten anstellen, die Schlange geht vier Blocks die Strasse rauf und einen Block um die Ecke.” “Was? Nein das gibts doch nicht!” Tatsächlich standen hunderte von Dieselfahrzeugen am Strassenrand und warteten. Deprimiert stellten wir uns hinten an und rückten Auto um Auto nach. Nach satten drei Stunden waren zwei vor uns dran und nur noch einer wartete mit uns. Juppie, jetzt sind wir gleich dran. In dem Moment kamen die Tankstellenarbeiter raus und riefen: “Fertig, wir haben keinen Tropfen Diesel mehr!” Ernsthaft: Wenn man sich drei Stunden in der prallen Sonne angestellt hat und dann sagt einer so etwas, da kommen einem schon sehr böse Gedanken. Milena versuchte noch ihr Bestes, doch sie schienen tatsächlich nichts mehr zu haben. Laut (und zwar wirklich laut) fluchend stellten wir uns in die nächste Dieselschlange der nächsten Tankstelle an. Nach weiteren zwei Stunden kamen wir dann auch tatsächlich dran und unser Auto wurde mit Diesel gefüllt. Die ganze Zeit hofften wir, dass die Tanksäule nicht leer wird, aber wir konnten dann mit vollem Tank los in Richtung Grenze fahren.

IMG_5368  Anstehen für Diesel

IMG_4820   Unterwegs zur Grenze

Natürlich führte eine prima Schotterpiste über die Grenze und als wir dort ankamen, mussten wir uns erst mit einem Zöllner durchschlagen, dem offenbar etwas langweilig war. Nachdem er ein riesen Theater wegen der Fahrzeugpapiere machte, weil bei Oli’s Passnummer das F vorne fehlte, durchsuchte er unser Gepäck. Wir mussten uns dabei das Lachen gewaltig verklemmen, denn der Mann hätte eigentlich einen Labrador gehabt. Anstatt dass der Hund alles durchsuchte, schnüffelte der Mann an Oli’s Nessesaire herum und der Hund stand daneben und wedelte mit dem Schwanz. Wir dachten eigentlich schon, dass der Hund und nicht der Zöllner als Drogenspührer abgerichtet wurde… Auf der chilenischen Seite interessierte die Zöllner das F vor der Passnummer wesentlich weniger als unsere Zwiebel. Diese mussten wir auch gleich abgeben, nur um danach 15km nach der Grenze eine Neue zu kaufen. Verrückt diese Grenzübertritte hier…

Nun sind wir wieder im Chile und das merkten wir ganz schnell. Nämlich als wir uns für einen Zeltplatz umschauten. Jeder hatte geschlossen und bei einem stand dann aber doch das Tor offen und wir fuhren hinein. Das Einzige menschliche Lebewesen das wir fanden, war eine uralte Dame die bei unserem Anblick gleich (zumindest so schnell sie konnte, was nicht allzu viel heissen soll) in ihr Haus flüchtete und zum Fenster hinaus schaute. Sorry, aber das Tor war offen und hier ist ein Campingplatz angeschrieben, warum wundern die sich also so um Gäste? Jedenfalls suchten wir dann weiter und trafen bei Villa Santa Lucia auf die legendären Carretera Austral.  Die Traumstrasse jedes Globetrotters, Motorradfahrers, Radlers und Fussgängers. Wer diese Strasse vollends per Fahrrad macht oder gemacht hat, der bekommt garantiert ein gratis Aberndessen von uns. Eine unglaubliche Strasse, über dessen Verlauf und Qualität wir später noch schreiben werden… Bei jedem weiteren Zeltplatz war das Tor zu. Es wurde dunkel, aber mal abgesehen von der schönen Landschaft, die wir so nicht sehen konnten, störte uns das weniger. Dann endlich wieder ein Campingplatz und wieder war niemand da. Dieser hatte zwar ein Gatter vorne, doch uns reichte es. Wir umfuhren die Absperrung, suchten uns den besten Platz aus, stellten unser Zelt auf, brieten unsere Würstchen über dem Feuer und warteten, ob irgendjemand tatsächlich in diese verlassene Gegend kommt und uns pro Person CHF 2,50 (wie angeschrieben) abknöpft. Trotz Milena’s leichtem Verfolgungswahn kam aber niemand und wir zelteten gratis.

IMG_4830  Unterwegs nach Sta. Lucia

Am nächsten Tag fuhren wir weiter auf der Carretera Austral in Richtung Süden. Lange kam gar nichts und als wir den ersten Ort erwarteten, fuhren wir einfach daran vorbei. Fresia und Playa Negra haben wir eh schon übersehen und dasselbe galt für La Junta. Diese Dörfer bestehen lediglich aus vielleicht 4-10 Häusern und sind trotzdem auf unserer Karte mordsgross eingezeichnet. Die Carretera Austral ist also schon einmal ein brutal einsamer Streifen und als Radler muss man schon mal für mindestens fünf Tage Essen mitschleppen… Zweitens ist es fast durchgehend eine Schotterpiste mit grossen, losen Steinen und seeeeehr fiesen Steigungen wo sogar unser Toyota aufheulte wie ein Wolf. Zudem ist der chilenische Teil Patagoniens extrem Regenreich und es Regnet teilweise ununterbrochen. Dies schlägt auch noch auf das Gemüt. Zum guten Glück sind wir hier nicht per Fahrrad unterwegs!

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Aber natürlich sind die schlimmsten Dinge immer die Schönsten! Die Landschaft ist einfach traumhaft schön. Blaue Lagunen, schneebedeckte Berge, kalbende Gletscher und (zu unserem Erstaunen) knatschgrüner Regenwald findet man an dieser Traumstrasse. Und das alles an nur einem Tag. Der Wahnsinn! Knapp 22km nach Puyuguapi fanden wir rund 2km abseits der Strasse den Eingang zum Queulat-Nationalpark. Dort wartete etwas Unglaubliches auf uns: Undurchdringlicher, grüner Dschungel und dazwischen die blaue Zunge des Gletschers “Ventisquero Colgante”. Unter der Gletscherzunge stürzten zwei Wasserfälle in eine Lagune und von Zeit zu Zeit knallten grosse Eisblöcke diese Wasserfälle hinunter. Ein Schauspiel, das uns ein Weiterreisen unmöglich machte. Das Foto von dem abbrechenden Eis (man erkennt es an dem 3. Wasserfall auf dem zweiten Foto, weil das Eis auf dem Felsen verspritzte) machte Milena übrigens per Zufall. Sie drückte genau in diesem Moment den Auslöser, sah es aber selber nicht. Erst das laute Dröhnen des Aufpralles im Wasser deutete wieder auf ein “kalben” des Gletschers hin. Ein wahnsinns Schauspiel!

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Da wollten wir natürlich gar nicht mehr weg und rein theoretisch hätte es auch eine Möglichkeit zum zelten gegeben, doch wir hatten dummerweise nur noch argentinische Pesos in der Tasche. Zu unserem Glück konnte man aber mit dem Parkwächter gut reden und wir durften mit den Pesos aus dem Nachbarland bezahlen. Da wir aber so weg von jeglicher Zivilisation waren, wusste natürlich niemand der aktuelle Umrechnungskurs. So nahmen wir den ungefähren und rechneten noch gut zwei Dollar dazu, damit der freundliche Mann keine Probleme bekommt. So bekamen wir auch noch einen Logenplatz mit einer überdachten Grillstelle und mit Blick auf den Gletscher. Leider aber wurde uns der am Nachmittag weitgehend verwehrt, denn es regnete danach bis am nächsten Tag. Unser Zelt konnten wir aber wunderbar geschützt aufbauen.

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Am nächsten Tag ging es erst einmal durch völlig unbewirtschafteten und dichten Regenwalt über einen Pass. Dort gab es urplötzlich einen Schneesturm. Ein eigenartiger Kontrast. Erst fährt man durch immergrünen Regenwald, dann gibt es plötzlich einen Schneesturm.

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Danach kam unerwartet eine prima Teerstrasse bis nach Coyhaique. Dort erwartete uns ein anderes Problem bei der Zeltplatzsuche: Eine Seuche! Die einzigen zwei Zeltplätze waren geschlossen. So klopften wir beim Eingang des Nationalreservates Coyhaique an und eine junge Deutsche Frau, welche hier ein Praktikum absolviert telefonierte dem Chef und der wiederum liess uns bei der Laguna Verde zelten. Die Seuche ist hier offenbar ein Problem geworden, weil es von Ratten übertragen wird. Eine Hinweistafel zeigt, dass es anscheinend durch die Luft übertragen wird. War man lange nicht in einem Raum des Hauses, sollte man 30 Minuten vorher lange lüften und danach den Raum mit Chlor reinigen. Das Virus ist offenbar sehr heftig ansteckend und führt beim Menschen zu Atemnot. Reagiert man nicht innert zwei Stunden, führt es zum Tode. Offenbar sind schon Einige der Seuche zum Opfer gefallen. Dass es allerdings auf einem Campingplatz mit offenen Räumen zu solch einem Fall kommt, ist sehr unwahrscheinlich. Deshalb liess man uns ohne diskutieren hier zelten. Wieder bekamen wir ein überdachtes Häuschen, wo wir dann mit etwas Improvisation sogar unser grosses Zelt drinnen aufstellen konnten. Das war ja super! Und wie immer waren wir ganz alleine in der Kälte…

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Am nächsten Morgen kochte Milena wie gewohnt den Milchkaffee und strich sich ihr Marmeladenbrot, als Oli dann plötzlich sagte: “Hey Milena, hast du gesehen? Da hat ein Tier unser Brot angeknabbert!” Der letzte Bissen ihres Brotes blieb ihr beinahe im Hals stecken. “Ach du sch… eine Ratte!?!” Danach war erst einmal Panik angesagt. Wenn die Seuche über die Luft übertragen wird, wird es wohl auch so übertragen? Wir fuhren dann schnell zum Parkeingang und Milena fotografierte das Plakat mit der Notfallnummer darauf. Natürlich hatte Oli nun etwas, um sie den ganzen Tag lang zu ärgern. Passiert ist natürlich gar nichts, aber man weiss ja nie…

2 Kommentare:

  1. Also das mit dem gratis Nachtessen haben wir gelesen! Wir nehmen dann auch gleich die Beweisfotos mit :-)
    Liebe Grüsse aus Kolumbien
    Alex & Fab

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  2. Wow, cool... Da sind ja noch Zwei...! Habt ihr auch einen Blog?
    Na klar, die Wette gilt! Und wenn ihr zum Schluss noch rüber auf die so nette "Cuarenta" fährt und gen Süden wollt, dann gibt es auch noch einen Wein dazu und einen Dessert...!
    Gute Fahrt und geniesst es!
    Liebe Grüsse aus Ushuaia, Milena und Oli

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